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Das Stichwort: Kolonialverbrechen an Herero und Nama

Anfang des 20. Jahrhunderts ermordeten deutsche Kolonialtruppen Zehntausende Angehörige der Herero und Nama im damaligen Deutsch-Südwestafrika, dem heutigen Namibia. Historiker bezeichnen diese Gräueltaten als „ersten Völkermord des 20. Jahrhunderts“. Schätzungen gehen von 100.000 Opfern aus. Deutschland hatte Namibia von 1884 bis 1915 in Besitz genommen.

1904 erhoben sich die Herero aus existenzieller Not heraus gegen die Kolonialmacht. Eine rund 15.000 Mann starke Streitmacht unter Generalleutnant Lothar von Trotha schlug die Rebellion der Einheimischen nieder.

Auftakt für den Völkermord war die Schlacht von Ohamakari am 11. August 1904, auch als „Schlacht am Waterberg“ bekannt. Dort ließ der deutsche Befehlshaber einen Großteil der Herero-Bevölkerung einkesseln und töten. Zudem ließ er die wasserlose Omaheke-Wüste abriegeln, in die Tausende Herero geflohen waren. Die Flüchtlinge verdursteten. Später gab Trotha den Vernichtungsbefehl: „Innerhalb der deutschen Grenzen wird jeder Herero mit oder ohne Gewehr erschossen.“ Zehntausende Herero verloren ihr Leben.

Im Oktober 1904 erhoben sich auch die Nama gegen die Kolonialherren. Die deutschen Truppen gingen erneut rücksichtslos vor und töteten rund 10.000 Nama. Hinzu kamen Tausende, die in Konzentrationslager gesteckt oder vertrieben wurden.

2015 begann der offizielle Dialog zwischen den Regierungen Deutschlands und Namibias zur Aufarbeitung der deutschen Kolonialverbrechen. 2021 gab es eine erste Einigung: Deutschland erkannte die Gräueltaten als Völkermord an und sagte ein Programm zur Unterstützung der Nachfahren der Herero und Nama in Höhe von 1,1 Milliarden Euro zu. Rechtliche Ansprüche auf Entschädigung sollten daraus aber nicht ableiten lassen.

Bei Verbänden der Herero und Nama stieß die „Gemeinsame Erklärung“ der Regierungen auf scharfe Kritik. Sie forderten unter anderem eine stärkere Beteiligung. Fast vier Jahre nach der ersten Einigung ist das Abkommen weiter nicht in Kraft.