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Das Leben mit dem Blues feiern

Nach mehr als 60 Jahren auf Tour will er es doch etwas ruhiger angehen lassen: Konzerte gebe er nur noch in der Nähe seiner kalifornischen Wahlheimat, es sei die Zeit gekommen, seine „road shoes“ an den Nagel zu hängen, kündigte John Mayall schon im September 2021 an. Eine für vergangenes Jahr geplante große Abschiedstournee, die ihn auch nach Deutschland führen sollte, wurde krankheitsbedingt abgesagt. Am 29. November wird die britische Blueslegende 90 Jahre alt.

Gemeinsam mit dem britischen Musiker und Bandleader Alexis Korner gehört er zu den großen Förderern des britischen Blues. „Meine Mission ist es, das Leben mit dem Blues zu feiern“, schreibt Mayall in seiner 2019 erschienenen Autobiografie „Blues from Laurel Canyon“. Für viele Leute in dieser hektischen Welt sei die Begegnung mit dieser Musik neu. Daher sei es sein Job, „sie an dem Werk der großen Leute teilhaben zu lassen, die den Blues formten, den ich spiele.“

Der Chef der Band „Fleetwood Mac“, Mick Fleetwood, würdigt Mayall als „Paten (Godfather) des britischen Blues“. Durch die Schule von Mayalls Band „The Bluesbreakers“ gingen neben Fleetwood auch Eric Clapton, Jack Bruce, Peter Green sowie der spätere „Rolling Stones“-Gitarrist Mick Taylor. Viele der Bluesbreakers hätten später mit anderer Musik experimentiert, ihre Wurzeln hätten sie aber im „Boot Camp“ von Johns Band gehabt, schreibt Fleetwood im Vorwort zu Mayalls Autobiografie.

„Er spielte Klavier, Orgel und Rhythmusgitarre und hatte die fantastischste Plattensammlung, die ich je gesehen hatte“, schwärmt Clapton in seiner Autobiografie. Bei Mayall habe er sich ganz dem Blues widmen können. Auch Paul McCartney erinnert sich noch gern an die Nächte, in denen Mayall ihm aus seiner Sammlung seltene Bluesplatten vorspielte, wie er seinem Biografen Barry Miles erzählte.

Mayall gehörte zu den ersten in England, die Bluessongs nicht nur interpretierten, sondern selbst Stücke in der bislang schwarzen Musikrichtung schrieben. John Mayall und Alexis Korner hätten dafür gesorgt, dass der „weiße Blues zur Mode-Musik und seine Interpreten zu Superstars“ wurden, wie das Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ im Jahr 1970 schrieb.

Mayall trat im Cowboy-Look mit selbstgenähtem Lederwams und Lederhose, Stiefel und Texashut auf. In seinem Pistolengürtel steckten zwölf Mundharmonikas, nach Tonarten sortiert.

Zwar hatte er keine großen Hits. Seine Platten kamen in den 60er und 70er Jahren jedoch in Großbritannien und auch in den USA in die Charts. Bei seiner Aufnahme in die „Blues Hall of Fame“ im Jahr 2016 wurde er vor allem als begabter Talentsucher und Bandleader gewürdigt. Im Jahr 2005 erhielt er die Auszeichnung „Officer of the Order of the British Empire“ (OBE), einen der höchsten Orden Großbritanniens.

Mayall, 1933 in Macclesfield bei Manchester geboren, kam schon früh mit Musik in Berührung. Sein Vater, der als Amateurmusiker in Jazz-Bands spielte, brachte ihm Gitarre und Banjo bei. Durch Boogie-Woogie- und Blues-Schallplatten lernte Mayall auch, auf dem Piano zu spielen. „Was ich immer spielen wollte, war der Blues, aber es gab dafür keine Nachfrage. Also spielte ich für mich selbst“, sagte er Autor Dinu Logoz für die Biografie „The Blues-Crusader“ (Der Blues-Kreuzritter).

Zunächst arbeitete er als Grafiker. Mayall ernährte so seine kleine Familie, abends dann stand er auf der Bühne. Alexis Korner bestärkte ihn, sein Glück in der Musikmetropole London zu suchen.

Für Mayall ist der Blues das Fundament, von dort ging er jedoch auch neue Wege in Richtung Jazz oder Bluesrock, spielte mal mit Bläsern und ohne Schlagzeug. Ende der 60er Jahre zog er in den kalifornischen „Laurel Canyon“ in ein Baumhaus. Dort lebte er in der Nachbarschaft von Frank Zappa, Joni Mitchell und Cass Elliot von „The Mamas and The Papas“. Seiner Wahlheimat widmete er auch die Platte „Blues from Laurel Canyon“.

Seiner Leidenschaft für den Blues blieb er auch dann treu, als in den 80er und 90er Jahren das Interesse an der Musikrichtung nachließ. Zeitweilig ohne Plattenvertrag gab er unermüdlich weltweit Konzerte und wurde dabei auch in Deutschland von Fans gefeiert. Auf seinem letzten Studio-Album „The Sun is Shining Down“, erschienen 2022, hört man ihm noch immer die Spielfreude an. Seinen Fans versichert er: „Auch wenn ich nicht in Eure Gegend komme, werde ich weiterhin meine Liebe zum Blues mit Euch teilen.“