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Das Bonhoeffer-Gedicht “Von guten Mächten”

Das Gedicht „Von guten Mächten“ schrieb Dietrich Bonhoeffer (1906-1945) kurz vor seinem Tod an seine Verlobte Maria von Wedemeyer. Hier lesen Sie den gesamten Text.

Kurz vor Weihnachten 1944 schrieb Pastor Dietrich Bonhoeffer in der Gestapohaft sein Gedicht "Von guten Mächten"
Kurz vor Weihnachten 1944 schrieb Pastor Dietrich Bonhoeffer in der Gestapohaft sein Gedicht "Von guten Mächten"epd-bild/Heike Lyding

Dietrich Bonhoeffer (1906-1945) schrieb sein Gedicht „Von guten Mächten“ am 19. Dezember 1944 in einem Brief aus dem Kellergefängnis des Reichssicherheitshauptamts in Berlin, Prinz-Albrecht-Straße, an seine Verlobte Maria von Wedemeyer. Sie gab das Original später an die Houghton Library der US-amerikanischen Harvard University. Die Briefe liegen mittlerweile auch als digitales Faksimile vor. Der gesamte Text:

Von guten Mächten treu und still umgeben,
behütet und getröstet wunderbar,
so will ich diese Tage mit euch leben
und mit euch gehen in ein neues Jahr.

Noch will das alte unsre Herzen quälen,
noch drückt uns böser Tage schwere Last.
Ach Herr, gib unsern aufgeschreckten Seelen
das Heil, für das du uns geschaffen hast.

Und reichst du uns den schweren Kelch, den bittern
des Leids, gefüllt bis an den höchsten Rand,
so nehmen wir ihn dankbar ohne Zittern
aus deiner guten und geliebten Hand.

Doch willst du uns noch einmal Freude schenken
an dieser Welt und ihrer Sonne Glanz,
dann wolln wir des Vergangenen gedenken,
und dann gehört dir unser Leben ganz.

Lass warm und hell die Kerzen heute flammen,
die du in unsre Dunkelheit gebracht,
führ, wenn es sein kann, wieder uns zusammen.
Wir wissen es, dein Licht scheint in der Nacht.

Wenn sich die Stille nun tief um uns breitet,
so lass uns hören jenen vollen Klang
der Welt, die unsichtbar sich um uns weitet,
all deiner Kinder hohen Lobgesang.

Von guten Mächten wunderbar geborgen,
erwarten wir getrost, was kommen mag.
Gott ist bei uns am Abend und am Morgen
und ganz gewiss an jedem neuen Tag.