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Darum findet die Kirchenmusik kaum Nachwuchs

Immer mehr Stellen werden gekürzt. Die Konsequenz: Der Beruf erscheint nicht attraktiv. Ein Irrtum, sagen Kirchenmusiker in einer neuen Studie.

Hans Baulig / Pixelio

Hildesheim. Die aktuelle Situation der Kirchenmusik steht im Mittelpunkt einer neuen Studie in der hannoverschen Landeskirche. Die wissenschaftliche Untersuchung gebe unter anderem auch Aufschlüsse über den Nachwuchsmangel, sagte die Präsidentin des Kirchenmusiker-Verbands in der hannoverschen Landeskirche, Christiane Schwerdtfeger, bei der Präsentation der Ergebnisse. Für die Studie "Report Kirche und Musik" wurden erstmals insgesamt mehr als 1.000 Kirchenmusiker innerhalb der Landeskirche schriftlich befragt, darunter auch Neben- und Ehrenamtliche.
Über viele Jahre seien Stellen in der Kirchenmusik gekürzt worden. Dadurch sei der Eindruck entstanden, dass sich dieser Beruf nicht lohne, sagte Schwerdtfeger. Die Studie habe allerdings ergeben, dass dies nicht der Fall sei. Vielmehr zeige unter anderem die Altersstruktur der Berufstätigen, dass in den kommenden Jahren dringend Kirchenmusiker gebraucht würden. "Es wird schwieriger, Stellen zu besetzen."
Um neue Erkenntnisse für die Aus- und Fortbildung und den Gewinn von Nachwuchs zu erhalten, seien die Teilnehmer unter anderem nach biografischen Daten befragt worden, sagte Schwerdtfeger. Sie beschrieben beispielsweise ihren eigenen Weg zur Kirchenmusik. "Die Studie gibt somit Aufschluss darüber, was man tun muss, um auf gesellschaftliche Veränderungen zu reagieren und Nachwuchs zu gewinnen."

Ran an die Jugend!

Eine Bindung zur Kirchenmusik entstehe, wenn schon Grundschulkinder an sie herangeführt würden, betonte Schwerdtfeger. Besonders die Jugend sei entscheidend für ein langfristiges Engagement. "Die meisten befragten Kirchenmusiker fingen im Jugendalter mit ihren Tätigkeiten an."
In der hannoverschen Landeskirche griffen bereits einige Projekte diese Entwicklungen auf. So biete die Landesmusikakademie ein Musikmentoren-Projekt an, bei dem Jugendliche eigenständig in die Chorarbeit eingebunden würden. "Es ist wichtig für sie, dass sie selbst Verantwortung übernehmen können." Auch die Orgelakademie in Stade lade mit viel Erfolg zu Fortbildungen für Jugendliche ein.

Auch Jazz und Rock sind gefragt

Die Antworten der Teilnehmer zeigten aber auch eine hohe Zufriedenheit, unterstrich Schwerdtfeger. "Kirchenmusik ist ein attraktives Betätigungsfeld." Zudem beleuchte die Untersuchung das bisher wenig erfasste Engagement von nebenamtlichen und ehrenamtlichen Kirchenmusikern. Dabei werde deutlich, dass die Kirchenmusik in den vergangenen Jahren stark an Vielfältigkeit gewonnen habe. So gehörten mittlerweile auch Musikrichtungen wie Jazz, Rock oder Pop zum Repertoire.
Die Studie wurde vom Verband evangelischer Kirchenmusiker in Zusammenarbeit mit der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannovers beauftragt. Der Verband zählt rund 470 Mitglieder. Begleitet wurde die 191 Seiten umfassende wissenschaftliche Untersuchung vom Institut für Kulturpolitik der Universität Hildesheim. (epd)