Artikel teilen:

Damit die Geschichten weiterleben

Schülerin Finnja hat in der Schule schon einiges über die NS-Zeit und den Holocaust gehört, den Völkermord an rund sechs Millionen Juden. „Aber wir haben nicht richtig verstanden, was passiert“, sagt die Achtklässlerin. Sie und ihre Klassenkameraden von der Adolf-Grimme-Gesamtschule in Goslar sind nach Braunschweig gereist, um in einem Workshop des Vereins „Zweitzeugen“ zu erfahren, was Überlebende während Holocaust erlebt haben.

Der bundesweit arbeitende Verein hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Erinnerung an den Holocaust wach zu halten, indem er die Geschichten von Überlebenden bewahrt und lebendig vermittelt. Dafür nutzt Bildungsreferentin Alina Jagel auch Audio- und Videosequenzen aus echten Interviews, die der Verein seit Jahren mit Zeitzeugen führt.

Mit den Jugendlichen aus Goslar hat die junge Frau heute die Geschichte von Israel Liechtenstein behandelt, dessen Vater in Auschwitz ermordet wurde. „Wir haben über seine Kindheit gesprochen, über die Zeit der Verfolgung, aber auch über sein Leben danach. Über seinen Umzug nach Israel und wie er sich dort ein neues Leben aufgebaut hat.“

Kooperationspartner des Vereins ist die Fan-Hochschule des Fußballclubs Eintracht Braunschweig, die politische Bildung und Sport miteinander verbindet. Für den Workshop hat der Club Räume in Stadionnähe zu Verfügung gestellt. „Eintracht Braunschweig hat einfach eine große Strahlkraft auch für junge Menschen“, sagt Helge Keller von der Fan-Hochschule. Dies nutzen er und seine Kollegen, um mit Jugendlichen zu Themen wie Demokratie, gesellschaftliche Teilhabe, Vorurteile, Rassismus und Antisemitismus zu arbeiten.

Dieses Anliegen teilen die „Zweitzeugen“ und die Fan-Hochschule: Sie setzen sich für eine offene Gesellschaft ein, die sich gegen alle Anfänge menschenfeindlicher Gewalt wehrt. Dafür will Alina Jagel die Brücke zwischen der Geschichte und den Jugendlichen auf einer emotionalen Ebene schlagen. „Das Ziel ist es, eine Verbundenheit zwischen ihnen und den Holocaust-Überlebenden zu schaffen, dass die Geschichten weiterleben in den Köpfen und Herzen der Jugendlichen.“

Die Schülerinnen und Schülern haben sichtlich Spaß am Lernen außerhalb der Schule. Auch Finnja ist zufrieden. Der Tag hat sie aber auch nachdenklich gestimmt: „Wenn man erzählt bekommt, was passiert ist, und auch die Geschichten hört, dann ist das schon ganz schön krass.“