„Fritzchen, worüber hat der Pfarrer denn gepredigt?“ – „Über die Sünde.“ – „Und was hat er gesagt?“ – „Er war dagegen.“
Ob wohl alle, die mit Fritzchen im Gottesdienst waren, die Predigt ebenso knapp und prägnant zusammenfassen könnten? Ob sie überhaupt alle das Gleiche gehört haben? Und wie sie diese Predigt wohl bewerten würden?
Vielleicht fühlten sich einige bestätigt durch die Aufforderung, ein Leben gemäß den Geboten zu führen. Andere fanden dieses Moralisieren abstoßend. Und wieder andere haben sich während der Predigt überlegt, ob der Pfarrer wohl die geforderten hohen Maßstäbe im eigenen Leben umsetzt, wo doch sein Sohn gerade …
Jede Gottesdienstbesucherin, jeder Gottesdienstbesucher kommt mit anderen Erwartungen, hört auf andere Stichworte, nimmt unterschiedliche Aussagen mit. Bei der gleichen Predigt fühlen sich die einen bestätigt, die anderen angegriffen; die einen angeregt, die anderen gelangweilt.
Da stellt sich die Frage: Ist die Predigt, wie wir sie kennen – rund 15 Minuten reiner Vortrag, ohne Bilder, ohne Multimedia-Präsentation, ohne kurze Filmchen als „Einspieler“, ohne aktive Beteiligung der Zuhörenden – überhaupt das Mittel der Wahl, um Gottes Wort unter die Menschen zu bringen? Steht ihr die zentrale Rolle, die sie hat, auch heute noch zu?
Die Antwort muss wohl heißen: Ja – aber.
Ja: Die Predigt als die Rede eines Einzelnen im Gottesdienst bleibt wichtig. Weil sie persönlich ist – da steht ein echter Mensch, der nach bestem Wissen und Gewissen einen Bibeltext auslegt und von seinem Glauben erzählt. Er „gibt Zeugnis“, um ein vielleicht veraltetes Wort zu bemühen. Auch dann, wenn er gar nicht explizit von sich selbst spricht. Das ist es, was interessiert und im besten Fall auch beeindruckt und weiterhilft – anrührender und überzeugender als viele professionell gemachte Youtube-Videos oder Multimedia-Vorträge.
Aber: Die Verkündigung des Evangeliums, das Wort Gottes, ist – wie jedes gesprochene Wort – von den Menschen abhängig, die es sprechen, und von denen, die es hören. Daher ist es für Predigerinnen und Prediger wichtig, sich intensiv darüber Gedanken zu machen, wie sie etwas vermitteln wollen – also die Form genauso gewissenhaft zu gestalten wie den Inhalt.
Zwar haben die, die auf der Kanzel stehen, es letztlich nicht in der Hand, ob ihre Worte Glauben schaffen. Aber sie haben durchaus den Auftrag, alles dafür zu tun, dass Menschen ihnen aufmerksam und interessiert zuhören können. Wer das lernen möchte, muss manchmal aus seiner Komfortzone heraustreten (siehe Seite 2). Aber es lohnt sich: „Man kann immer noch etwas verbessern“, sagt Kathrin Oxen, die Leiterin des EKD-Predigtzentrums in Wittenberg.
Übrigens: Auch die, die zuhören, tragen zum Gelingen einer Predigt bei. Durch zugewandte Aufmerksamkeit, durch Zeichen des Interesses, durch konstruktive Kritik nach dem Gottesdienst. Und durch das Vertrauen auf den Geist Gottes, der weht, wo er will.
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Damit das Wort auch ankommt
Gar nicht so einfach, alle Predigthörerinnen und -hörer anzusprechen und zufriedenzustellen. Trotzdem verdient die Predigt ihren zentralen Platz im Gottesdienst