Ein Glaube, der verbindet, nicht trennt: Die einige syrische Ministerin Kabawat betont, Religion und Extremismus dürften nicht verwechselt werden. Syrien brauche jetzt Inklusion – nicht Spaltung und Ideologie.
Die einzige Frau und einzige Christin in der syrischen Übergangsregierung betont einen Unterschied von Religiosität und Radikalismus. Sie traue der von Islamisten geführten Regierung zu, das Land nach dem Krieg in eine gute Zukunft zu führen, sagte Hind Kabawat dem “Spiegel” (Samstag). Sie liebe ihre Religion und gehe in die Kirche, so die 51-Jährige – “aber das heißt nicht, dass ich alle Nichtchristen hasse”. Vielmehr habe ihr das Christentum geholfen, andere Religionen zu verstehen und zu lieben.
Das gelte auch für andere Religionen, so Kabawat: “Ein echter Muslim muss andere lieben – denn so ist die Religion nun einmal.” Um das Land aufzubauen, sei es wichtig, moderat zu bleiben. “Wir haben eine gemeinsame Vision für eine bessere Zukunft, also lassen wir die Ideologie beiseite. Am Verhandlungstisch denken wir über die Vorteile unserer unterschiedlichen Überzeugungen nach und geben Syrien den Vorrang”, erklärte Kabawat.
Die Ministerin für Soziales und Arbeit in Syriens Übergangsregierung unter der Führung des Islamisten Ahmed al-Sharaa beschreibt Syrien als “Land wie ein Mosaik”: “Wir haben eine rund 2.000-jährige Geschichte mit verschiedenen Religionen und ethnischen Gruppen im Land. Das müssen wir als Chance begreifen.” Diese Vielfalt dürfe nicht spalten; “sie ist etwas, auf das wir stolz sein können”. In einem geeinten Syrien sollten diese Unterschiede zelebriert werden, sagte sie. Dafür sei Inklusion der Schlüssel. Jeder solle seine eigene Sprache sprechen. “Eine Teilung des Landes kann keine Option sein”, so Kabawat.
Die ehemalige Direktorin für Interreligiöse Friedenskonsolidierung an der George Mason University in Fairfax/USA war wenige Tage nach Assads Sturz aus dem Exil nach Syrien zurückgekehrt. Im Interview erklärte sie, sie habe nie als Feigenblatt hergehalten und werde das auch als einzige Frau und Christin in der syrischen Regierung nicht tun. “Wer mich kennt, weiß, dass ich mir eine solche Rolle nicht überstülpen lasse. Die Leute erwarten etwas anderes von mir.”
Sie sei zwar die einzige christliche Vertreterin, verstehe sich aber in erster Linie als Syrerin. Darüber, dass sie die einzige Frau in der Regierung ist, sei sie nicht glücklich, so die Ministerin: “Ich versuche, mehr Frauen an den Entscheidungsprozessen zu beteiligen.”