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Bunter Protest für Kohleausstieg

Mehrere Zehntausend Menschen haben für einen schnellen Kohleausstieg und die Rettung des Hambacher Waldes demonstriert. Sie sehen sich durch den gerichtlich verhängten Rodungsstopp bestätigt

KERPEN – Mit so einem Andrang hatten wohl selbst die Organisatoren nicht gerechnet: Zehntausende Menschen strömten am Samstag zur Großdemonstration für den Erhalt des Hambacher Forstes bei Kerpen. Die Veranstalter sprachen von 50 000 Teilnehmerinnen und Teilnehmern. Wegen eines Rückstaus auf die Autobahn A 4 und Überlastung der Bahnstrecke sperrte die Polizei, die mit einem Großaufgebot vor Ort war, zeitweise Straßen und den Bahnhof Buir.
„Dieser Tag zeigt, wie stark die Klimabewegung inzwischen geworden ist“, freute sich Greenpeace-Geschäftsführer Martin Kaiser. Nach dem Rodungsstopp für den Hambacher Wald durch das Oberverwaltungsgericht „haben wir heute Anlass zu feiern“. Das Rodungsverbot gilt solange, bis über die Klage des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) gegen den Hauptbetriebsplan 2018 bis 2020 für den Braunkohletagebau Hambach entschieden ist. Der BUND-Vorsitzende Hubert Weiger wertete die Veranstaltung als „starkes Signal der Zivilgesellschaft für einen schnellen Kohleausstieg“.
Mit Luftballons und selbst gemalten Plakaten kamen die überwiegend jungen Teilnehmer, aber auch ganze Familien teilweise kilometerweit zu Fuß oder mit Fahrrädern zum Kundgebungsgelände. Das hatte der Energiekonzern RWE kurzfristig zur Verfügung gestellt, nachdem das Verwaltungsgericht Aachen am Vortag ein Demonstrationsverbot der Polizei aufgehoben hatte.
Redner der Umweltorganisationen forderten einen schnellen Kohleausstieg in Deutschland. „Kein Wald, kein Dorf, keine Kirche dürfen mehr für klimaschädliche Kohle geopfert werden“, sagte Greenpeace-Geschäftsführer Kaiser. Die Kohlekommission müsse „bis Ende des Jahres einen Plan vorlegen, wie Deutschland seine Energieversorgung schnell genug modernisiert, um die Pariser Klimaziele zu erreichen und den Menschen in den Revieren dabei eine Zukunftsperspektive zu bieten“. Auch der Superintendent des evangelischen Kirchenkreises Jülich, Jens Sannig, mahnte ein Umdenken in der Politik an. Wie die Atomenergie habe auch die Braunkohle ihre Zeit und ihre Nützlichkeit gehabt. „Aber jetzt haben wir neue Erkenntnisse. Jetzt brauchen Gegenwart und Zukunft eine neue, klimafreundliche Wirtschaftsordnung“, sagte der Theologe. Im rheinischen Braunkohlerevier entscheide sich, ob es gelinge, den CO2-Ausstoß drastisch zu senken und damit das Klima weltweit zu verbessern. „Der Hambacher Wald, dieser kleine, aber schützenswerte Rest eines einst stolzen, riesigen, ungebrochenen Waldes, er könnte ein Symbol werden für das Klimaabkommen von Paris.“ epd