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Bundesregierung will Krankenhäuser komplett umkrempeln

Die Krankenhauslandschaft wird sich verändern. Die entsprechende Reform ist durchs Kabinett – trotz anhaltender Kritik von Ländern und Kassen. Minister Lauterbach rechnet mit erster Bundestagsdebatte vor der Sommerpause.

Die Bundesregierung hat den Weg für eine grundlegende Reform der Krankenhäuser frei gemacht. Das Kabinett billigte am Mittwoch einen entsprechenden Gesetzentwurf von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD). Er sprach von einer “Revolution” und der größten Reform der Krankenhäuser seit 20 Jahren. Er rechnet mit einer ersten Debatte im Bundestag vor der Sommerpause. In Kraft treten soll das Gesetz Anfang 2025. Die Umsetzung soll etwa zehn Jahre dauern und mit einem Übergangsfonds von 50 Milliarden Euro finanziert werden.

Mit der Reform will Lauterbach die Finanzierung, Organisation und das Leistungsspektrum der derzeit rund 1.900 Krankenhäuser in Deutschland grundlegend ändern. Es gebe zu viele, oft sehr kleine Kliniken, die teils große Eingriffe durchführten, ohne dafür technisch und personell ausgerüstet zu sein. Außerdem stehe jedes dritte Bett leer. Zugleich bekräftigte der Minister, dass in ländlichen Regionen die Daseinsfürsorge etwa durch Notaufnahmen oder Geburtshilfe gesichert und es keine Versorgungslücken geben werde. Lauterbach betonte, die Reform ziehe die Notbremse: Ohne die Maßnahmen drohten Klinik-Insolvenzen, schlechte Behandlung und weite Wege.

Als Kernprobleme, die das Gesetz angehe, nannte der Minister falsche wirtschaftliche Anreize durch Fallpauschalen, eine fehlende Spezialisierung sowie eine überbordende Bürokratie. Zehntausende Patienten, etwa nach einem Schlaganfall oder mit einer Krebserkrankung, könnten überleben, wenn sie spezialisiert behandelt würden. “Wir haben die Spezialkliniken, wir nutzen sie aber nicht ausreichend.”

Laut Gesetz soll künftig nicht mehr jede Klinik alles machen dürfen. Ein Krankenhaus muss für eine Leistung notwendige Mindeststrukturen an medizinischer Erfahrung, Personal und Technik vorweisen. Nur dann wird ihr eine entsprechende Leistungsgruppe von den Ländern zugewiesen und darf die Leistung abrechnen. Die Qualitätsvorgaben sollen bundesweit einheitlich definiert werden.

Um Kliniken zugleich vom Druck zu entlasten, immer mehr Patienten behandeln zu müssen, sollen 60 Prozent der Vergütung schon für das Vorhalten von Technik und Personal erfolgen. Die restlichen 40 Prozent werden weiter über die bisherigen Fallpauschalen abgerechnet.

Krankenkassen, Ärzteverbände sowie die Bundesländer äußerten Kritik an der geplanten Reform und forderten Nachbesserungen im Bundestag. Die Länder werfen dem Minister vor, durch die Qualitätsvorgaben indirekt die Krankenhausplanung zentralisieren zu wollen. Sei sie aber zentrale Aufgabe der Bundesländer. Einige Länder hatten im Vorfeld mit einer Verfassungsklage gedroht.

Die Krankenkassen befürchten massive Mehrausgaben und Beitragssteigerungen. Sie werfen dem Bund vor, einen Großteil Kosten für die Umgestaltung der Krankenhauslandschaft auf die Beitragszahler abwälzen zu wollen; die Gesundheitsversorgung sei aber öffentliche Aufgabe und müsse vom Steuerzahler geschultert werden.