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Bund-Länder-Gruppe setzt bei Pflege auf Prävention – Viel Kritik

In der alternden Gesellschaft wächst der Bedarf an Pflegeleistungen. Und die Kosten steigen. Eine Bund-Länder-Gruppe hat Vorschläge erarbeitet. Es hagelt Kritik von allen Seiten.

Die Bund-Länder-Arbeitsgruppe “Zukunftspakt Pflege” hat ihren Abschlussbericht vorgelegt. Im Fokus steht dabei ein Ausbau der Prävention. Die Pflegegrade sollen erhalten, aber die Einstufung überprüft werden. Bei der künftigen Finanzierung der Pflege bleibt das Papier indes vage. Vonseiten der Kassen, Pflegeanbieter und Arbeitgeber hagelte es Kritik. Die Ergebnisse seien enttäuschend.

“Knackpunkt der Reform ist und bleibt eine nachhaltige Finanzierung des Systems”, erklärte Bundesgesundheitsministerin Nina Warken (CDU). Dabei solle die Pflegeversicherung ein Teilleistungssystem bleiben. Die Versicherung werde folglich nie alle Kosten übernehmen, eigene Vorsorge bleibe wichtig. Die sehr begrenzten Finanzmittel müssten zugleich deutlich zielgerichteter eingesetzt werden. Bei der genauen Ausgestaltung der Finanzierung gebe es noch Klärungsbedarf.

Ein Fokus der Reformvorschläge liege auf der Prävention. Pflegebedürftigkeit müsse vermieden oder ihr Eintritt deutlich verzögert werden, betonte Warken. Hierfür sollten Beratungs- und Schulungsangebote besser aufeinander abgestimmt werden, damit beides die Menschen direkt und frühzeitig erreiche.

Warken kündigte an, dass die bestehenden fünf Pflegegrade erhalten bleiben sollten. Künftig solle aber die Begutachtung dafür ausschließlich fachlichen Voraussetzungen folgen. Hier sehe die Arbeitsgruppe einen klaren Überprüfungs- und Änderungsbedarf. Es werde aber keine Kürzung von bestehenden, anerkannten Pflegeleistungen geben.

Der nordrhein-westfälische Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) setzte den Fokus auf die häusliche Pflege. Diese müsse weiter gestärkt werden. Ohne die häusliche Pflege sei das System weder steuer- noch finanzierbar. Hier gebe es in dem Papier gute Überlegungen.

Die Krankenkassen DAK und AOK reagierten mit großer Enttäuschung auf den Bericht. Die Pflegekrise verschärfe sich damit nur weiter. “Statt einen klaren Fahrplan aufzuzeigen, drücken sich die versammelten Verantwortungsträger auf Bundes-, Landes- und kommunaler Ebene vor eindeutigen Aussagen und liefern keine Entscheidungen für eine nachhaltige Struktur- und Finanzierungsreform in der Pflegeversicherung”, klagte die AOK-Bundesvorsitzende Carola Reimann.

Der Präsident des Bundesverbandes privater Anbieter sozialer Dienste, Bernd Meurer, nannte die Eckpunkte “ein Register der Ratlosigkeit”. Auch die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände sowie die IG Metall zeigten sich enttäuscht. Höhere Schwellenwerte bei der Pflegegrad-Einstufung führten zu geringeren Leistungen für Pflegebedürftige und Pflegende. Das könne nicht einfach Gesetz werden, so die Kritik der IG Metall.

Der Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbandes, Joachim Rock, nannte das Ergebnis eine herbe Enttäuschung und sprach von halbgaren Ankündigungen. “Der wichtigste Baustein für den Weg aus der Pflege-Krise ist der Ausbau der Pflegeversicherung zu einer solidarischen Vollversicherung – die Bundesregierung muss den Systemwechsel endlich angehen!”, so Rock.

Der Bericht der Bund-Länder-Arbeitsgruppe soll die Weichen für eine Pflegereform im kommenden Jahr stellen. Im Oktober hatte die Arbeitsgruppe einen Zwischenbericht vorgelegt. Dabei hatte sie vor einem strukturellen jährlichen Finanzierungsloch im zweistelligen Milliardenbereich gewarnt, wenn nicht gegengesteuert werde.

Die Gruppe setzt sich aus der Bundesgesundheitsministerin sowie den für die Pflegeversicherung zuständigen Ministerinnen und Ministern der Länder zusammen. Die kommunalen Spitzenverbände wie der Deutsche Städtetag, der Deutsche Landkreistag und der Deutsche Städte- und Gemeindebund waren an den Sitzungen beteiligt.