BERLIN/DÜSSELDORF – Flüchtlingsbürgen müssen bis zu einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes in Leipzig keine Rückzahlungen an staatliche Stellen leisten. Das Bundesarbeitsministerium bestätigte auf Anfrage, dass „auf festgesetzte Erstattungsforderungen“ zunächst verzichtet werde. Zwar würden die Jobcenter auch weiter Zahlungsbescheide verschicken, doch die Gelder bis auf Weiteres nicht einziehen, sagte ein Ministeriumssprecher.
Der Streit über die Rückzahlungen beschäftigte schon mehrfach die Gerichte. Hintergrund sind Bürgschaften, die Initiativen, Kirchengemeinden und Einzelpersonen 2014 und 2015 für syrische Flüchtlinge übernommen haben – in der Annahme, dass diese Verpflichtungen nur wenige Monate bestehen.
Die Jobcenter schickten Rechnungen für Hilfen zum Lebensunterhalt, die die Flüchtlinge vom Staat empfangen hatten. Dabei kommen oft Beträge von mehreren Tausend Euro zusammen. Schätzungen zufolge sind allein 2013/2014 rund 7000 Deutsche Verpflichtungen für Syrer eingegangen, die nach Deutschland kommen wollten. Die Länder Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen und Hessen waren davon ausgegangen, dass die entsprechenden Bürgschaften nur auf wenige Monate befristet sind. Ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts setzte aber inzwischen längere Fristen fest. Die Bürgen müssen demnach auch dann noch für ihre Schützlinge aufkommen, wenn diese ihre Asylverfahren längst erfolgreich durchlaufen haben.
Jetzt muss sich erneut das Bundesverwaltungsgericht mit den umstrittenen Bürgschaften befassen. Laut Ministerium hat das Jobcenter Bonn dem Leipziger Gericht eine Nichtzulassungsbeschwerde gegen eine Entscheidung des OVG Münster zur Haftungsdauer einer Verpflichtungserklärung vorgelegt. Bis diese Entscheidung vorliegt, müssen keine Zahlungen erfolgen. Die niedersächsische Migrationsbeauftragte Doris Schröder-Köpf (SPD) begrüßte die Zwischenlösung. Die Regelung erleichtere die akute Situation betroffener ehrenamtlicher Flüchtlingshelfer und auch Kirchengemeinden, die sich für Menschen in Not eingesetzt hätten, sagte die Politikerin in Hannover.
Die Evangelische Kirche von Westfalen hatte sich mehrfach für eine Lösung eingesetzt, die den Bürgen unverhältnismäßig hohe Belastungen ersparen sollte. Außerdem fordert sie von der NRW-Landesregierung einen ausreichenden Hilfsfonds. Dafür hatte sich zuletzt Landeskirchenrat Thomas Heinrich vor dem Integrationsausschuss des Landtags in Düsseldorf eingesetzt.
Der Staat müsse für das Existenzminimum anerkannter Flüchtlinge aufkommen, sagte der Jurist. Wenn er diese Last auf die Bürgen abwälze, sei das „eine deutliche Teilprivatisierung einer staatlichen Aufgabe“. epd/leg
Artikel teilen:
Bürgen müssen erst mal nicht zahlen
Das Bundesarbeitsministerium verzichtet zunächst auf Forderungen an Menschen, die für syrische Flüchtlinge gebürgt hatten. Jetzt ist das Bundesverwaltungsgericht wieder am Zug