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Brandenburg: Tiny Kirche fährt los

Aus der Werkstatt auf die Straße: Die Kirchengemeinde Friedersdorf-Kablow hat am Reformationstag ihre Tiny Kirche begrüßt, eine mobile Kirche in Größe eines Bauwagens.

Karoline Tiepner bereitet die Tiny-Kirche vor
Karoline Tiepner bereitet die Tiny-Kirche vorAndrea von Fournier

So eine Ladung hatte Johannes Gaul noch nie auf dem Trailer, obwohl der Unternehmer alles Mögliche aus Holz in seiner Werkstatt in Mittenwalde fertigt und auf die Reise schickt. Am Reformationstag fuhr er behutsam und nicht ohne Stolz ein kleines rotes Kirchlein nach Kablow, wo sich die Gemeinde zum Regionalgottesdienst versammelt hatte. Die „Tiny-Kirche“ – also eine Kirche so groß wie ein Bauwagen – ist das erste Projekt dieser Art, das seine Firma „der Holz Hannes“ im Auftrag und in enger Zusammenarbeit mit der Kirchengemeinde Friedersdorf-Kablow realisiert hat. Die Zuschauenden applaudierten, als das Gespann zum Stehen kam und Gemeindepädagogin Karoline Tiepner die Tür des mobilen Kirchleins mit winzigem Turmaufsatz öffnete. Das Innere strahlte ­ihnen freundlich hell entgegen.

Die noch blitzsaubere Holztreppe stellte Johannes Gaul hin, Kinder brachten Altarbibel und -kerzen heran. Anschließend wurde außen eine Glocke aufgehängt und erstmals geläutet. „Wir haben uns nicht getraut, sie schon während der Fahrt anzuhängen“, erklärte Karoline Tiepner, begleitet vom Lachen der Umstehenden.

Mit Altar, Sitzgelegenheiten und Glocke

Pfarrer Sven Tiepner begrüßte die Gemeinde. „Wir weihen keine Dinge, wir nehmen sie in Besitz“, sagte er und stellte damit das neue rollende Equipment der Kirchengemeinde offiziell in Dienst. Seine Frau ordnete den kleinen Altar, klappte seitlich angebrachte Bänke für 14 Erwachsene herunter und war für die erste Veranstaltung, den Kindergottesdienst, bereit. Parallel feierten die Erwachsenen in der Dorfkirche nebenan Gottesdienst. Unter ihnen 15 Gäste, die von Königs Wusterhausen aus mit Pfarrerin Anemone Bekemeier her gepilgert waren.

Für Sven Tiepner fügte sich das Projekt Tiny-Kirche hervorragend in das Thema des Gottesdienstes, „Auf dem Weg sein“. Die Kirche müsse sich den Herausforderungen der Zeit stellen, wenn sie Zukunft haben will, so der Tenor. Seine Gemeinde hat sich „gegen alle Vernunft“ in Zeiten der Unsicherheit und des an vielen Stellen fehlenden Geldes entschieden, eine mobile Kirche zu bauen. Viele erwachsene und junge Menschen haben dabei geholfen. Die Freude darüber war ­allen anzusehen. Auch Vertreter des Förderkreises Alte Kirchen Berlin-Brandenburg und Frank Schürer-Behrmann, Superintendent des Kirchenkreises Oderland-Spree, waren dabei. Nun kann und soll die Kirche zu den Menschen kommen, an den See oder zum Parkplatz am Supermarkt.

Gemeindeglieder bauten mit an der Kirche

Vor Jahren entdeckte das Ehepaar Tiepner am Strand von Schleswig-Holstein eine solche mobile Kirche. Die Idee, das auch nach Brandenburg zu bringen, war ge­boren. Sie setzten sich mit einer Handvoll Enthusiasten zusammen, planten. Partner wurden gesucht, Karoline Tiepner stellte Förderanträge und bald gab es Zusagen der „Stiftung Kirche im Dorf“, der EKBO und vom Kirchenkreis. Mit der Firma „der Holz Hannes“ war ein interessierter, engagierter und zuverlässiger Partner gefunden. In seiner Werkstatt konnten nach dem Rohbau Kinder, Senioren und Familien aus der Gemeinde hämmern, streichen und den Fußboden legen. Der GKR-Vorsitzende ersteigerte im Netz die Glocke. Christenlehrekinder malten Altarbilder, die sie nun beim Reformationsgottesdienst zeigten.

Viele spendeten für das Projekt: Familie Conring vom „Naturhof Heidesee“ stemmte mit der Finanzierung des Trailers einen großen Teil der Kosten. „In dieser Zeit halte ich Kirche von unten für besonders wichtig, Angebote wie diese“, sagte Arndt Conring. Seine Frau zeigte die „Danke“-Schokolade, eine limitierte Edition mit einem Aufdruck der mobilen Kirche, die alle Helfer bekamen. Beim Umzug zum Martinsfest wird die Tiny-Kirche weiter eingesetzt.