Es ist geschafft. Nach den letzten großen Feierlichkeiten am 31. Oktober ist das Reformationsjubiläum vorbei. Zeit für ein erstes Fazit. Zehn Jahre Reformationsgedenken – was hat es gebracht?
Auf der einen Seite: Sehr viel. Martin Luther und die evangelische Kirche waren in aller Munde. Und nicht nur das: Kirche ist sympathisch, lebendig, offen rübergekommen. In den Medien wurde dem Reformationsjubiläum viel Aufmerksamkeit entgegengebracht. Kulturveranstaltungen waren sehr gut besucht. Und in zahlreichen Kirchengemeinden wurden Angebote auf die Beine gestellt, die mit ihrer Kreativität und ihrem Engagement für Begeisterung sorgten.
Auch die offiziellen Äußerungen der Kirchen wurden interessiert verfolgt und diskutiert, etwa im Bereich der Ökumene, wo vor allem die gute Atmosphäre des Dialogs im Vordergrund stand.
All das wirft ein positives Bild auf die große Jubiläumsfeier, mehr noch, als zu Beginn erhofft oder auch befürchtet wurde. Auf der anderen Seite stellt sich aber die Frage: Haben die Kirchen es geschafft, die Botschaft der Reformation unters Volk zu bringen? Das Evangelium von der Gnade, von der unverdienten Liebe Gottes? Von der Freiheit eines Christenmenschen? Ist wirklich angekommen, woran wir Christinnen und Christen glauben und was wir gerne weitergeben möchten?
An Versuchen hat es nicht gemangelt – das Jahresmotto der westfälischen Kirche, „Einfach frei“, ist ein Beispiel dafür. Überall wurde nach Wegen gesucht, niederschwellig und elementar klarzumachen, welch befreiendes Angebot die Kirche hat.
Aber wenn man ehrlich ist, muss man sagen: Die Hoffnung, den Kern der reformatorischen Botschaft weit zu verbreiten, hat sich nur im Ansatz erfüllt. Es dürften nur sehr wenige Menschen sein, die die freimachende Kraft des Glaubens durch das Reformationsjubiläum für sich entdeckt haben. Ein Indiz dafür sind die Besucherzahlen, die bei theologischen Vorträgen deutlich niedriger waren als bei Kulturveranstaltungen oder anderen Events.
Aber: Haben wir wirklich etwas anderes erwartet? Das Reformationsjubiläum als Erweckungsbewegung, bei dem die Menschen scharenweise in die Kirchen stürmen? Wohl kaum. Es bleibt nun einmal so: Die Verkündigung des Evangeliums ist eine Sache der kleinen Schritte. Sie geschieht in aller Regel nicht bei den großen Events, sondern in der unauffälligen Begegnung mit Menschen und ihrer treuen Begleitung im alltäglichen Leben. Nicht umsonst spricht Jesus von kleinen Samenkörnern, die aufgehen müssen – und von der Saat, die wächst, auch ohne dass die Menschen sich die ganze Zeit darum mühen.
Auch nach dem rauschenden Fest wird es darum gehen, immer wieder nach Worten zu suchen und in Taten zu zeigen, was das heißt: Gott liebt diese Welt und seine Menschen. Es bleibt ein ständiges Ringen – aber auch ein ständiger Grund zur Freude und zum Feiern. Und vielleicht sind die Erfahrungen des Reformationsjubiläums ein guter Anknüpfungspunkt.