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“Blick auf die Menschwerdung” – Tübinger Archäologe lobt Unesco

Die südafrikanische Sibudu-Höhle zählt neu zum Weltkulturerbe. Für den Grabungsleiter Nicholas Conard von der Uni Tübingen geben die Funde Auskunft darüber, wie der Mensch zum Menschen wurde.

Die neu als Welterbe der Menschheit ausgezeichnete Sibudu-Höhle in Südafrika ermöglicht laut dem Tübinger Archäologen Nicholas Conard einzigartige Erkenntnisse über die Anfänge menschlicher Kultur. “Die Entscheidung lenkt den Blick der Öffentlichkeit auf die Ursprünge der menschlichen Kultur und der Menschwerdung”, sagte Conard am Freitag in Tübingen. Er arbeitet in der Höhle als Grabungsleiter. “Ich freue mich, dass die Unesco vermehrt steinzeitliche Orte und Orte der menschlichen Evolution berücksichtigt.”

Das Welterbekomitee hatte am 26. Juli drei steinzeitliche Fundstellen in Südafrika neu auf die Welterbeliste genommen: neben der Sibudu-Höhle auch die Fundstellen Diepkloof Rock Shelter und Pinnacle Point. Sie lieferten “bis zu 162.000 Jahre alte Belege für die Entwicklung modernen menschlichen Verhaltens”, betonte die Unesco. Hier lasse sich erkennen, wie der frühe Mensch “zunehmend fortschrittliche Technologien zum Einsatz brachte, etwa die Hitzebehandlung von Stein zur Werkzeugherstellung”.

Die Sibudu-Höhle an der Ostküste Südafrikas sei ein Schlüsselort für die Erforschung der kulturellen Evolution des Menschen, sagte Conard. Sibudu sei “wie ein Archiv für die frühe kulturelle Entwicklung unserer Vorfahren, bevor ‘Homo sapiens’ Eurasien erfolgreich besiedelte und den Neandertaler und andere archaische Menschenformen verdrängte”.

Die Universität Tübingen und das Senckenberg Centre for Human Evolution leiten seit 14 Jahren die dortigen Ausgrabungen. Der Felsüberhang überdacht archäologische Schichten aus einem Zeitraum von etwa 100.000 bis 35.000 Jahren vor heute und diente Menschen in dieser Zeit als Wohnstelle.

Conard hatte erst kürzlich eine bei Ausgrabungen in Baden-Württemberg entdeckte und fast 40.000 Jahre alte Figur aus Mammutelfenbein der Öffentlichkeit präsentiert. Conard interpretierte die kleine eiszeitliche Kunstfigur aus einer Höhle am Rande der Schwäbischen Alb als Otter. Diese Figur sei entstanden “in einer Zeit, als die ersten anatomisch modernen Menschen in Europa ankamen”.