Der evangelische Landesbischof Ralf Meister aus Hannover hat dazu aufgerufen, sich auf die jüdischen Wurzeln des Christentums zu besinnen. „Die Kirchen der Reformation haben den Anspruch, sich ständig zu erneuern und umzukehren zu ihrem Ursprung“, sagte er am Freitag in Hannover in einem Gottesdienst zum Reformationstag. „Eine der anspruchsvollen und radikalen Reformen ist immer noch, dass wir evangelische Christen unsere jüdischen Wurzeln sehen.“
In seiner Predigt in der hannoverschen Marktkirche legte Meister einen Bibeltext aus dem Alten Testament aus, der zugleich das zentralste Bekenntnis des Judentums ist: das „Höre Israel!“ Damit formulieren Juden in aller Welt ihren Glauben an den einen Gott.
Dass dieses „Herzstück des jüdischen Glaubens“ alle sechs Jahre am „Herzenstag der Reformation“ in allen evangelischen Kirchen gelesen werde, sei ein Segen, betonte der Bischof laut Redemanuskript: „Er verhindert, dass wir ein einfältiges Loblied auf den großen theologischen Lehrer und Reformer Martin Luther singen.“ Der Text sei für Protestanten ein Anlass, selbstkritisch über Luthers judenfeindliche Äußerungen und seinen „üblen Antisemitismus“ nachdenken.
Das Bekenntnis zum einen Gott bedeute, „all unser Sein, unsere Kraft, unser Herz und unser Verstand auf Gott auszurichten“, sagte Meister: „Diese Gesellschaft braucht Zeuginnen eines Glaubens an das Gute.“ In seiner Auslegung wandte sich der Bischof zugleich gegen einen zunehmenden Antisemitismus und Fremdenhass in Deutschland.
Meister ist auch Leitender Bischof der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands (VELKD), einem Zusammenschluss von sieben lutherischen Landeskirchen.