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Besonderes Glockengeläut zum Todestag von Walter Lübcke

Beim Gedenken an die Ermordung des früheren Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke kommt der Kasseler Martinskirche mit ihrer Osanna-Glocke eine besondere Rolle zu. Die Glocke läutet nur viermal im Jahr zu bestimmten Anlässen. Das Läuten der Osanna-Glocke am Gedenktag sei „ein Weckruf, eine Bewusstseinsschärfung“, sagte der Pfarrer der Evangelischen Kirchengemeinde Kassel-Mitte, Willi Temme, dem Evangelischen Pressedienst (epd). Die Glocke rufe zu Rechtsstaat, Freiheit, Demokratie und innerem Frieden auf. Am Sonntag, 2. Juni, jährt sich der rechtsextremistische Mord an Walter Lübcke zum fünften Mal.

Die Christusglocke, Osanna-Glocke genannt, sei die größte Glocke in Kassel, sie erklinge in einem tiefen g-Ton, erläuterte Temme. Sie werde nur zum Todestag von Lübcke, am Karfreitag sowie zum Gedenken an die Zerstörung Kassels im Zweiten Weltkrieg und an die antisemitischen Pogrome durch die Nationalsozialisten geläutet. „Diese Daten gehören zusammen.“ Die Glocke mahne: „Seid wach, nehmt wahr, was passiert ist.“

Das Geläut und die jährliche Gedenkfeier seit 2020 gehen auf eine Initiative Temmes zurück. Das Gedenken sei von Anfang an in Absprache mit der Familie Lübcke erfolgt, die dafür sehr dankbar sei. „Es passiert nur etwas, wenn jemand die Initiative ergreift“, betonte der Pfarrer. „Es lohnt sich in unserem Land zu leben, da muss man für Werte eintreten“ – dieser Satz, den Lübcke bei einer Bürgerveranstaltung zu einem geplanten Flüchtlingsheim 2015 in Lohfelden sagte und ab der er zur Zielscheibe Rechtsextremer wurde, werde immer mit diesem verbunden bleiben, sagte Temme.

In diesem Jahr habe er die Federführung für die Organisation an das Kasseler Regierungspräsidium abgegeben, es werde das auch künftig übernehmen. Bisher sei die Teilnehmerzahl beim Gedenken auf dem Martinsplatz „überschaubar“ gewesen, berichtete Temme. Er sei froh, dass in diesem Jahr Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier die Einladung angenommen habe und eine Ansprache halte.