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Berlinale-Eklat: Kritik am Verhalten der Verantwortlichen

Nach den israelfeindlichen Vorfällen bei der Berlinale-Preisverleihung wird den Verantwortlichen Versagen vorgeworfen. Auch werden Rufe nach Konsequenzen laut. Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) sagte den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Dienstag), das Strafrecht sei gut aufgestellt, um antisemitische Äußerungen zu ahnden. Die Verwendung der Parole „Free Palestine – From the River to the Sea“ könne etwa als Billigung der im Rahmen der Angriffe der Hamas im Oktober 2023 in Israel begangenen Tötungsdelikte verstanden werden. „Eine Belohnung und Billigung von Straftaten ist strafbar“, sagte Buschmann.

Der Berliner Kultursenator Joe Chialo (CDU) kündigte eine neue Antidiskriminierungsklausel an. Chialo sagte am Montagabend in den ARD-Tagesthemen, er arbeite senatsübergreifend an einer rechtlichen Regelung, „damit diejenigen kein Geld mehr vom Staat bekommen, die antisemitisch sind, aber auch sonst sich diskriminierend verhalten“. Es brauche auf der einen Seite Dialog und auf der anderen Seite klare Regeln. Chialo hatte erst im Januar eine kurz zuvor eingesetzte erste Antidiskriminierungsklausel für die Kulturförderung nach rechtlichen Bedenken wieder zurückgezogen.

Filmschaffende hatten bei der Preisverleihung auf dem Filmfestival Berlinale am Samstagabend unter anderem von einem „Genozid im Gazastreifen“ gesprochen, und Israel „Apartheid“ vorgeworfen. Der Terrorangriff der Hamas am 7. Oktober auf Israel mit 1.200 Toten blieb dagegen unerwähnt.

Unterdessen wächst die Kritik am Verhalten der Verantwortlichen und an einer latenten Israelfeindlichkeit des Kulturbetriebs. Die Kulturwissenschaftlerin Stella Leder warf der Berlinale-Leitung mangelnde Haltung vor. „Es ist in Ordnung, wenn man zum Nahost-Konflikt verschiedene Positionen zulässt, man muss dann als Kulturinstitution aber auch wissen, wo die rote Linie überschritten ist“, sagte Leder, die Herausgeberin des Buches „Über jeden Verdacht erhaben? Antisemitismus in Kunst und Kultur“ ist, dem Evangelischen Pressedienst (epd).

Die Vorsitzende des Bundestags-Kulturausschusses, Katrin Budde (SPD) kritisierte, dass keiner der Verantwortlichen eingegriffen oder etwas erwidert habe. „Die Leitung, die Moderation, Jurymitglieder, andere Preisträger hätten die Möglichkeit gehabt“, sagte sie dem „Tagesspiegel“ (Dienstag/Online): „Das macht einmal mehr deutlich, wie stark der Antisemitismus und die Israelfeindlichkeit in Teilen der Kulturszene verankert ist.“

Die frühere Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU) kritisierte in der „Bild“ (Dienstag), es hätte bei dem Vorfall Raum für Interventionen gegeben: „Und es waren genug Personen im Saal, die die Autorität dazu hatten.“ Blinder Aktivismus schade der Kunstszene.

Die Linken-Vorsitzende Janine Wissler verteidigte dagegen die Aussagen der Filmschaffenden. Menschenrechtsverletzungen anzusprechen und einen Waffenstillstand zu fordern, sei kein Antisemitismus, schrieb Wissler auf der Plattform X, vormals Twitter. Es sei auch kein Missbrauch der Berlinale: „Sie haben über das Thema ihres Films gesprochen, für den sie einen Preis erhielten.“