Der neue Landesbeauftragte Sachsen-Anhalts für die Aufarbeitung der SED-Diktatur, Johannes Beleites, fordert mehr Großzügigkeit gegenüber früheren politischen Gefangenen in der DDR. Im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd) kritisierte er, dass in Sachsen-Anhalt seit 2015 von 105 Anträgen auf Anerkennung gesundheitlicher Folgeschäden der Haft in DDR-Gefängnissen ganze drei positiv beschieden worden seien. „Hier sollte sich die Bundesrepublik großzügig zeigen“, forderte Beleites. Diese Menschen hätten mit dafür gesorgt, dass die SED-Diktatur letztlich habe besiegt werden können.
Derzeit würden die SED-Unrechtsbereinigungsgesetze überarbeitet. Zusammen mit seinen Amtskollegen setze er sich für eine Beweislastumkehr ein. Es wäre sachgerechter, bei Haftopfern der SED-Diktatur mit bestimmten gesundheitlichen Beeinträchtigungen grundsätzlich einen ursächlichen Zusammenhang zu vermuten, solange nicht das Gegenteil nachgewiesen werde, forderte der 57-Jährige.
Johannes Beleites ist seit Anfang April neuer Beauftragter des Landes Sachsen-Anhalt für die Aufarbeitung der SED-Diktatur. Er löste Birgit Neumann-Becker ab, die das Amt seit 2013 innehatte. Beleites wurde 1967 in Halle geboren und wuchs als Sohn eines evangelischen Pfarrers in Trebnitz im Burgenlandkreis auf. Als Jugendlicher engagierte er sich in der kirchlichen Friedens- und Umweltbewegung. Aufgrund seiner politischen Aktivitäten wurde er nach eigenen Angaben ab 1982 aktiv von der Stasi verfolgt und erhielt zunächst keine Zulassung zum Abitur. Er studierte erst nach 1990 Jura in Göttingen und Berlin.
Nach der Wiedervereinigung hat sich Beleites mit der Geschichte der DDR befasst, etwa in Forschungsprojekten oder im Rahmen der politischen Bildung. Von 2009 bis 2014 war er Studienleiter an der Evangelischen Akademie Thüringen in Neudietendorf.
Kirchlich sei man in den 90er Jahren „falsch abgebogen“, kritisierte Beleites. Man habe die westdeutsche Beamtenstruktur übernommen, könne sich dies unter den hiesigen Bedingungen aber nicht leisten. „Wenn die Kirche in den nächsten 25 Jahren im Osten nicht untergeht, dann ist das fast schon ein Gottesbeweis“, sagte Beleites.
Stattdessen könnten die Kirchen zum gesellschaftlichen Zusammenhalt beitragen. „Als Demokraten können wir das Drittel der Wähler, das rechts wählt, weder ignorieren noch ausgrenzen“, forderte Beleites. Wirkliche Demokraten müssten miteinander Lösungen finden. Hier könnten die Kirchen eine herausragende Rolle spielen.