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Beim US-Wahlkampf zeichnet sich ein Duell Trump gegen Harris ab

Bislang hatte Donald Trump hauptsächlich Spott für Kamala Harris übrig. An ihrem Lachen könne man viel erkennen. “Sie ist verrückt. Sie ist durchgedreht.” Es sieht ganz so aus, als müsste er nun seine Strategie ändern.

Nach dem Rückzug von Amtsinhaber Joe Biden aus dem US-Präsidentschaftswahlkampf haben die Republikaner ein Problem. Bis jetzt hatte der 78-jährige Donald Trump seinen 81-jährigen Kontrahenten von den Demokraten als Greis dargestellt, der hinfällig und somit nicht mehr geeignet sei für das Spitzenamt. Nun ist Trump plötzlich selbst der alte Mann. Denn vermutlich wird er es mit Kamala Harris zu tun bekommen. Die meisten Experten gehen davon aus, dass die 59-Jährige Vizepräsidentin als neue Spitzenkandidatin der Demokraten ins Rennen geht.

Nachdem wochenlang zwei männliche Alphatiere im Fokus der Medien standen, könnte nun die Stunde der Frauen schlagen. So machte nach Ansicht vieler Beobachter die Unterstützung von Nancy Pelosi, ehemalige Sprecherin des Repräsentantenhauses und immer noch eine der einflussreichsten Strippenzieherinnen bei den Demokraten, den Weg endgültig frei für die Kandidatur von Kamala Harris. Die muss sich freilich erst noch dem Votum der Partei stellen. In Straßenumfragen fällt immer wieder noch ein andere Name: der von Michelle Obama, Gattin von Ex-Präsident Barack Obama.

Klar ist, dass die Republikaner ihre Strategie ändern müssen. Dabei könnte auch von Bedeutung sein, wie sich Melania Trump in den Wahlkampf einbringt. Lange war von Trumps dritter Ehefrau nichts zu hören. Nach dem Attentat auf ihre Mann meldete sich Melania mit einem zweiseitigen Statement zu Wort. “Ein Monster, das meinen Mann als unmenschliche politische Maschine angesehen hat”, habe versucht, Donald Trump zum Schweigen zu bringen. Politische Differenzen dürften niemals in Gewalt ausarten. Als “Geheimwaffe” Trumps wurde Melania am Dienstag in einem Kommentar auf dem Portal t-online bezeichnet. “Sie bleibt in Lauerstellung und damit eine Besonderheit.”

Doch nicht nur die Republikaner müssen ihre Strategie ändern. Auch vor den Demokraten liegen große Herausforderungen. Normalerweise werden politische Kampagnen über Monate hin geplant. Jetzt bleiben bis zum Wahltermin Anfang November gerade einmal etwas mehr als 100 Tage. “Die Demokraten müssen jetzt schauen, dass sie relativ schnell eine schlagkräftige Kandidatin oder einen schlagkräftigen Kandidaten für das Amt des Vizepräsidenten finden, damit sie eine neue Geschichte erzählen können”, sagt der Washingtoner Büroleiter der CDU-nahen Konrad-Adenauer-Stiftung, Hardy Ostry. Als möglichen Kandidaten nennt Ostry den Gouverneur von Pennsylvania, Josh Shapiro.

In dem an Überraschungen reichen Wahlkampf gibt es aber auch Konstanten. Zum Beispiel, dass christliche Wähler voraussichtlich eine wichtige Rolle spielen. Das betrifft laut Ostry nicht nur die Evangelikalen. “Wahrscheinlich war die katholische Kirche als Ganzes gesehen noch nie so einflussreich in der amerikanischen Politik wie heute.” Allerdings seien die Katholiken zutiefst gespalten, “bis hinein in die US-Bischofskonferenz”, fügte der Vertreter der Konrad-Adenauer-Stiftung hinzu. “Ganz grob gesagt finden Sie in Trumps Lager die tendenziell konservativen Katholiken, während sich bei Biden bislang eher Vertreter aus dem linken Lager, die Herz-Jesu-Sozialisten, beheimatet fühlen.”

Als Nagelprobe für viele christliche Wähler dürfte die Abtreibungsfrage gelten. Genau dieses Thema will Kamala Harris Medienberichten zufolge zu einem zentralen Bestandteil ihrer Kampagne ausbauen. “Wir werden für die reproduktive Freiheit kämpfen; wissend, dass Trump, wenn er die Chance bekommt, ein Abtreibungsverbot unterzeichnen wird, um Abtreibungen in jedem einzelnen Bundesstaat zu verbieten”, sagte sie bei einem Besuch in der Wahlkampfzentrale der Demokraten in Wilmington im US-Bundesstaat Delaware.

Und wie steht es um Amtsinhaber Joe Biden? Nach seinem Rückzug aus dem Wahlkampf mehren sich die Stimmen derer, die ihm raten, das Amt des Präsidenten an Vize Harris abzugeben, berichtete am Montag der in den USA lehrende Jesuit Godehard Brüntrup im domradio. Ein solches Szenario hielt der Leiter der Münchner Sicherheitskonferenz, Christoph Heusgen, im Brennpunkt der ARD allerdings für unrealistisch. Er habe keinen Zweifel, dass Biden die letzten sechs Monate sehr gut durchstehe.