Niedersachsens Innenministerin Daniela Behrens (SPD) hat die am Mittwoch vom Bundeskabinett beschlossenen härteren Regelungen für Abschiebungen begrüßt. „Es ist ein wichtiger Schritt, rechtliche Hürden abzubauen“, sagte sie am Mittwoch in Hannover. „Diese führen in der aktuellen Praxis häufig zu unnötigen Hindernissen und damit zu Verzögerungen.“ Niedersachsen habe an dem Gesetzesentwurf maßgeblich mitgearbeitet.
Die Bundesregierung will mit mehr Befugnissen für Polizei und Behörden die Zahl der Abschiebungen steigern. Der Gesetzentwurf von Innenministerin Nancy Faeser (SPD) sieht unter anderem vor, die Höchstdauer des Ausreisegewahrsams von 10 auf 28 Tage zu verlängern, Abschiebungen nicht mehr vorab anzukündigen und die Befugnisse der Polizei bei Durchsuchungen in Gemeinschaftsunterkünften zu erweitern. Die Pläne müssen noch vom Bundestag beraten und beschlossen werden.
Behrens gab zu bedenken, es müsse auch daran gearbeitet werden, dass die ausreisepflichtigen Menschen von ihrem Herkunftsland wieder aufgenommen werden. „Der stetige Einsatz des Bundes für den Abschluss von Migrationsabkommen mit den Herkunftsländern, in denen auch Regelungen zur Rücknahme eigener Staatsangehöriger zu treffen sein werden, ist daher essenziell.“ Eine weitere wichtige Rolle spiele die Förderung der freiwilligen Rückkehr. Diese habe in Niedersachsen Vorrang.
Die Regelungen im Gesetz sollen künftig effektiver verhindern, dass sich ausreisepflichtige Ausländer einer Abschiebung entziehen. Ende September lebten nach Angaben des Bundesinnenministeriums 255.000 ausreisepflichtige Ausländer in Deutschland. Rund 205.000 von ihnen hatten aber eine Duldung, können aktuell also nicht abgeschoben werden. Rund 12.000 Abschiebungen gab es in diesem Jahr laut Ministerium bis Ende September.
In dem Entwurf heißt es, dass zwar „schwer abschätzbar“ ist, wie viele zusätzliche Abschiebungen es durch die Neuregelung geben wird. Angenommen wird aber, dass durch die Verschärfung der Ausreisepflicht „die Anzahl der Abschiebungen um rund 600 (fünf Prozent) steigen wird“.
Der Entwurf stößt auf breite Kritik. Auch Bundestagsabgeordnete von SPD und Grünen äußerten Bedenken. Der SPD-Bundestagsabgeordnete Sebastian Roloff sagte dem Berliner „Tagesspiegel“ (Mittwoch): „Maßnahmen, die vor allem staatliche Härte zeigen sollen, die Situation aber nicht konkret verbessern, helfen nicht weiter.“ Der Grünen-Parlamentarier Julian Pahlke sagte dem „RedaktionsNetzwerk Deutschland“ (Mittwoch), das Gesetz sei in seiner jetzigen Form möglicherweise nicht mit der Verfassung vereinbar.
Die stellvertretende Vorsitzende der Unions-Fraktion, Andrea Lindholz (CSU), forderte die Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und FDP wiederum auf, den Gesetzentwurf im Parlament nicht aufzuweichen.
Die Flüchtlingshilfeorganisation Pro Asyl kritisierte derweil, dass verschärfte Abschiebungsregeln kaum dazu führen würden, „dass nennenswert mehr Menschen abgeschoben werden, aber sie führen zu noch mehr Härte und Verletzungen der Grundrechte“.