Der Behindertenbeauftragte der Bundesregierung, Jürgen Dusel, fordert eine gesetzliche Verpflichtung der Privatwirtschaft zur Barrierefreiheit. Freiwillige Vereinbarungen hätten sich nicht bewährt, sagte Dusel am Mittwochabend in Berlin. Er übergab Teilhabe-Empfehlungen an die Bundesregierung und die Kultusministerkonferenz. Sie wurden von den Verbänden der Betroffenen mitentwickelt. Es geht vor allem um Menschen mit intellektuellen Beeinträchtigungen.
Dusel sagte, bei der anstehenden Novellierung des Behindertengleichstellungsgesetzes komme es darauf an, dass die Bundesregierung für mehr Teilhabe mutig vorangehe. Arbeit, Schule, digitale Anwendungen und das Gesundheitswesen müssten barrierefrei werden, forderte der Beauftragte. Zur Bezeichnung „geistige Behinderung“ sagte er, Betroffene empfänden den Begriff als abwertend. Der Wissenschaft zufolge sei er zudem nicht mehr zeitgemäß. Darüber müsse gesprochen werden.
Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) und Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) versicherten bei der Übergabe der Empfehlungen, sie sähen es als ihre Aufgabe an, sich für behinderte Menschen einsetzen. Lauterbach kündigte für den Sommer einen Aktionsplan für das Gesundheitswesen an. Heil erklärte, die Ampel-Koalition wolle die Chancen von Menschen mit Behinderungen auf dem normalen Arbeitsmarkt weiter verbessern. Behindertenverbände wehren sich seit Jahren dagegen, dass nach der Schule häufig automatisch der Übergang in eine Werkstatt für Behinderte erfolgt.
Von rund 7,8 Millionen behinderten Menschen in Deutschland hatten im Jahr 2022 dem Statistischen Bundesamt zufolge 14 Prozent eine intellektuelle oder seelische Beeinträchtigung. Neun Prozent lebten mit den Folgen eines Hirnschadens, etwa spastischen Lähmungen.