Peter Borcholt ringt seit seiner Jugend um ein „normales“ Leben. „Schon in meiner Heimatstadt Diepholz war ich bekannt wie ein bunter Hund“, sagt der heute 62-Jährige. Peter Borcholt ist Contergan-geschädigt, hat zwei verkürzte Arme mit drei Fingern an der rechten Hand und vier Finger an der linken Hand. Wo immer er hingekommen sei, seien die Menschen unsicher gewesen, ob sie ihm die Hand schütteln und wie sie mit ihm umgehen sollen. Doch diese Erfahrungen haben ihn nicht daran gehindert, Gemeindepastor zu werden.
Borcholt gehört zu einer Minderheit in der Landeskirche Hannovers. „Die Zahl der Pfarrpersonen mit Beeinträchtigung liegt im niedrigen zweistelligen Bereich“, schätzt Kirchensprecher Pastor Benjamin Simon-Hinkelmann. Die Landeskirche sei bemüht, deren besonderen Bedürfnissen entgegenzukommen. Die Unterstützung reiche von einem bedarfsgerechten Zuschnitt des Stellenumfangs bis zum behindertengerechten Umbau des Pfarrhauses. Eine Assistenz haben derzeit zwei Pfarrpersonen, führt Simon-Hinkelmann aus: „Die eine ist schon von Kindesbeinen an blind und die andere hat nach einem Schlaganfall mit einer halbseitigen Lähmung zu tun.“
Wegen Behinderung nicht verbeamtet
Pastor Borcholt, der als Vertrauensperson für Pastoren mit Behinderung fungiert, lobt die Unterstützung. Doch geholfen habe ihm auch seine direkte Art. „Ich spiele mit offenen Karten und sage, wenn ich Hilfe brauche“, so Borcholt, der Pastor in der Kirchengemeinde St. Paulus in Sarstedt bei Hildesheim ist. „Ich bin mir bewusst, dass ich manche Sachen nicht alleine kann. Aber ich habe keine Sorge, dass ich meinen Dienst nicht tun kann“, so der Ehemann und Vater.
Doch es gibt auch Kritik an der Landeskirche. So kritisiert Pastor Jakob Kampermann, der während seines Theologie-Studiums an Multiple Sklerose erkrankte, dass ihn die Landeskirche Hannovers nicht verbeamtet, sondern nur angestellt habe. Für ihn habe das finanzielle Nachteile, so der 46-Jährige, der im Rollstuhl sitzt. „Die Landeskirche könnte behinderte Pastoren freiwillig verbeamten. Aber darüber wird nicht geredet.“ Das Sozialgesetzbuch gebe der Kirche jedenfalls beide Möglichkeiten.
Sein Glaube lässt ihn Kraft schöpfen
Insgesamt gehe die Kirche aber fair mit behinderten Pastoren um, betont der Geistliche. Auch Peter Borcholt sieht die Kirche als aufgeschlossen an. So habe er in seiner Gemeinde anfangs zwar um Anerkennung ringen müssen, doch er habe viel Unterstützung durch das Landeskirchenamt erfahren. Mittlerweile fühle er sich angenommen.
Die Behinderung hat Borcholt eine wichtige Erfahrung gelehrt, aus der er Kraft schöpft: „Gott gibt mir Sicherheit. Denn er ist in den Schwachen mächtig.“