Im Jahr 2024 haben sich 573 Versicherte aus Baden-Württemberg an die Techniker Krankenkasse (TK) gewandt, weil sie einen Behandlungsfehler vermuteten. Drei von zehn Beschwerden hätten sich gegen eine chirurgische Behandlung gerichtet, teilte die TK-Landesvertretung Baden-Württemberg am Montag in Stuttgart mit.
Auf weiteren Plätzen folgten Zahnmedizin/Kieferorthopädie (19 Prozent), Allgemeinmedizin (10 Prozent) sowie die Geburtshilfe/Gynäkologie und die Innere Medizin mit jeweils 7 Prozent. Auf Pflegefehler und Orthopädie entfielen je 5 Prozent, auf die Neurologie/Psychiatrie 4 Prozent und auf die Augenheilkunde 2 Prozent der Fälle. Die sonstigen Facharztgruppen kamen auf insgesamt 13 Prozent.
„Bei jedem dritten Fall erhärtet sich der Verdacht so sehr, dass wir eine intensive Überprüfung in die Wege leiten“, sagt Nadia Mussa, Leiterin der TK-Landesvertretung Baden-Württemberg. „Gleichzeitig rechnen wir bei Behandlungsfehlern mit einer hohen Dunkelziffer.“ Denn viele Versicherte scheuten die psychischen Belastungen und hohen Kosten von Arzthaftungsprozessen. Diese zögen sich oft über mehrere Jahre hin.
2024 seien nach aktuellen Angaben des Justizministeriums an den Amts- und Landgerichten in Baden-Württemberg insgesamt 1.150 neue Arzthaftungsverfahren eröffnet worden. Bei rund 1.000 davon waren gleich die Landgerichte zuständig, weil der Streitwert über 5.000 Euro lag.
Aus Sicht der TK-Landesvertretung braucht es in der Medizin und Pflege in erster Linie eine offene Fehlerkultur. Dringend geboten sei aber auch eine gesetzliche Meldepflicht von allen medizinischen Einrichtungen, um die systematische Auswertung von Fehlerquellen und Verbesserungen zu ermöglichen. Zudem könnte aus Sicht der TK-Landesvertretung ein Patientenentschädigungs- und Härtefallfonds Betroffenen schneller und unbürokratischer helfen. Entschädigungen durch die Haftpflichtversicherungen ließen oft viele Jahre auf sich warten.