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Bayerns Bahnhofsmissionen immer mehr gefordert

Bekannt sind die Bahnhofsmissionen bei vielen vor allem als Anlaufstellen für Menschen in Not- und Krisensituationen. Doch ihre Mitarbeitenden kümmern sich auch um jene, die der Fahrkartenautomat überfordert.

Bayerns Bahnhofsmissionen rechnen angesichts der angestrebten Verkehrswende mit noch mehr Arbeitsbelastung. Denn “quirlige Bahnhöfe, volle oder verspätete Züge und kaum vorhandene Aufenthaltsmöglichkeiten” machten eine Bahnfahrt besonders für Menschen mit Mobilitätseinschränkungen, für Ältere oder Eltern mit kleinen Kindern mühsam, heißt es in der Sommerausgabe des Informationsdienstes ihrer Arbeitsgemeinschaft. Dazu komme die zunehmende Digitalisierung, die manche überfordere. So wüssten Reisende nicht, wie sie Anschlusszüge checken sollten oder welcher Knopf am Fahrkartenautomat zu drücken sei.

“Die Hilfen für Reisende sind ein wichtiger Bestandteil unserer Arbeit”, sagt Hedwig Gappa-Langer von der Arbeitsgemeinschaft der kirchlichen Bahnhofsmissionen. Die Mitarbeitenden böten Hilfe am Bahnsteig, gäben Orientierung oder hätten einen Platz zum Ausruhen. Dazu gehörten auch Angebote wie eine Tasse Tee, eine Möglichkeit zum Handyladen oder zum Wickeln des Kindes.

Laut Jahresbericht hatten die zwölf Bahnhofsmissionen in Bayern 2023 fast 500.000 Kontakte zu Gästen, davon über 250.000 in München. Sie erbrachten demnach über eine Million Hilfeleistungen und damit noch einmal 43 Prozent mehr als im Vorjahr. Unvermindert angestiegen sei die Nachfrage nach Lebensmitteln und materiellen Hilfen wie Schlafsäcken, Decken und Hygieneartikeln. Mehr als 375.000 Mal hielten sich Betroffene in den Räumen der Einrichtungen auf.

“Ein großer Teil der Menschen, die zu uns kommen, lebt am Existenzminimum. Bei Krisen und akuten Notlagen führt ihr Weg immer öfter in die Bahnhofsmission”, berichten Barbara Thoma und Bettina Spahn, Leiterinnen der Bahnhofsmission München. Auffällig sei, dass bayernweit jeder dritte Gast unter psychischen Problemen oder Abhängigkeitserkrankungen leide, ergänzte Gappa-Langer. Ihr Kollege Harald Keiser vom Diakonischen Werk Bayern ergänzte, für die meisten der Gäste, deren seelische und auch körperliche Gesundheit nachhaltig beeinträchtigt sei, stellten die Bahnhofsmissionen oft die letzte Anlaufstelle im Hilfssystem dar.