In ihrer Arbeit als Traumatherapeutin sieht sich die Schriftstellerin Ayelet Gundar-Goshen mit dem Leid des Kriegs konfrontiert. Warum sie das Schreiben als eine Art von Widerstand empfindet.
Die israelische Bestsellerautorin Ayelet Gundar-Goshen schaut mit kritischem Blick auf ihr Heimatland. “Dieses Israel, das ich kenne, wird von der extremsten rechtsgerichteten Regierung, die wir je hatten, als Geisel genommen”, sagte Gundar-Goshen der “Süddeutschen Zeitung” (Montag). Dort zu leben, bedeute, sich voll und ganz dem Aktivismus zu verschreiben, andernfalls mache man gemeinsame Sache mit den Rechtsextremen. So erziehe sie auch ihre Kinder, denn das System müsse von Grund auf verändert werden.
Wenn man sich die Umfragen anschaue, wünsche sich die Mehrheit einen Waffenstillstand, ein Abkommen über Feuerpausen und die Freilassung der Geiseln, sagte die Schriftstellerin. Ministerpräsident Benjamin Netanjahu wisse aber, dass er diesen Krieg für sein eigenes politisches Überleben brauche, “denn sobald er zu Ende ist, wird er aus dem Amt gejagt”.
Auf die Frage, mit welcher Art von Roman die Situation in Israel derzeit beschrieben werden könne, erklärte Gundar-Goshen: “Einer, den ich jedenfalls nicht lesen wollen würde. Einer, in dem ich keine Protagonistin sein will. Jedes neue Kapitel – und nach dem Angriff auf Iran steht uns ein ganz neues Kapitel bevor – ist schlimmer als das vorherige.”
Dieser Tage erscheint in deutscher Übersetzung der neue Roman von Gundar-Goshen. Er trägt den Titel “Ungebetene Gäste”. Die Autorin, die zugleich als Psychologin tätig ist, sagte in dem Interview, dass sie nach dem 7. Oktober 2023, nach dem Terrorangriff der Hamas auf Israel, ausschließlich als Therapeutin gearbeitet habe. Es sei ihr darum gegangen, sich um die Überlebenden des Massakers zu kümmern. Sie habe sich gefragt, wie man nach einem solchen Ereignis noch Geschichten erfinden könne. “Es kam mir unmoralisch vor.”
Ihre Meinung habe sie geändert, als die rechte Regierung in Israel mitten im Krieg Zeit gehabt habe, Bücher zu verbieten und zu zensieren, erklärte die Schriftstellerin. “Sie haben eine Buchhandlung in Ost-Jerusalem geschlossen, die Bücher von Palästinensern verkauft, und waren sehr mit dem Boykott von Schulbüchern und Kunst beschäftigt, die der palästinensischen Gesellschaft gegenüber Mitgefühl zeigen.”
Da habe sie gedacht, wenn die Faschisten die Literatur so sehr fürchteten, dann sollte sie wieder schreiben, sagte Gundar-Goshen. “Vielleicht ist sie ein Gift gegen die Entmenschlichung.” Schreiben sei für sie plötzlich wieder dringlich geworden, als Form des Widerstands.