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Austropop-Legende Rainhard Fendrich wird 70 Jahre alt

Bundesweit bekannt wurde Rainhard Fendrich als “Herzblatt”-Moderator. Doch ist er in erster Linie Liedermacher. “Macho, Macho” war nur ein Hit von vielen. Seit 45 Jahren steht der Wiener auf der Bühne. Nun wird er 70.

45 Jahre liegen zwischen den beiden Gesichtern von Rainhard Fendrich. Jeweils zur Hälfte zieren sie das Cover seines neuen Albums, das wie die im April startende Tournee den Titel “Wimpernschlag” trägt. Genauso schnell scheint die Zeit vergangen, in der der Österreicher eine Karriere als Liedermacher, Schauspieler und Fernseh-Moderator hinlegte. Doch der Weg vom Trällerer zur Legende sei ein langer gewesen, erzählte er in einer TV-Sendung. Am 27. Februar wird der Sänger 70 Jahre alt.

Fendrich kam 1955 in Wien zur Welt. Dort war seine aus dem Sudetenland vertriebene Familie nach dem Zweiten Weltkrieg gelandet: Drei Generationen in einer 90-Quadratmeter-Wohnung mit Klo am Gang. Nicht viel Platz, um sich als Kind zu entfalten. “Und dann bin ich in die Seelsorge gegangen”, sagte Fendrich in einer ORF-Dokumentation. Als Ministrant habe er in der katholischen Kirche eine Heimat gefunden, gar überlegt, Pfarrer zu werden. Dann aber tauchte jenes Mädel von der “Landstraße 127” auf. “Die war der totale Kracher. Die hat mich ignoriert, wie man nur irgendwen ignorieren kann. Aber da habe ich gewusst: Priester werde ich keiner.”

Für Musik begeisterte sich der Bub früh. Mit glockenklarer Stimme sang “Rainerle” wöchentlich zur Freude der Oma bei ihrem Kaffee-Kränzchen. Sogar die Wiener Sängerknaben hätten ihn genommen, doch die Mutter wollte den Sohn nicht ziehen lassen. Fendrich musste aufs humanistische Gymnasium. Der Vater hielt von den musischen Flausen des Sohnes nichts. Aber er schenkte ihm zumindest eine Gitarre, auf der sich dieser das Spielen selbst beibrachte.

Nach der Matura versuchte es Fendrich mit Jura, aber träumte weiter von der Bühne. Im Theater an der Wien, wo seine Freundin ein Engagement als Schauspielerin bekommen hatte, erfuhr er, dass ein Gitarre spielender Sänger für “Die Gräfin vom Naschmarkt” mit Marika Rökk gesucht werde. Er meldete sich – und wurde engagiert. Ohne jegliche Schauspiel- und Tanzausbildung spielte der Jungspund in Musicals und Sprechstücken mit, lernend von Kolleginnen und Kollegen.

Die Wartezeiten in der Theatergarderobe nutzte Fendrich, um Lieder zu schreiben wie sein Vorbild Konstantin Wecker. Er gelangte tatsächlich an einen Plattenvertrag: “Ich wollte nie jemand von denen sein” und “Alles ist ganz anders word’n”, heißen die frühen Alben. Die erste Kritik kann er bis heute auswendig: “Rainhard Fendrich versteht es nicht, mit intellektueller Schärfe die Probleme unserer Zeit aufs Korn zu nehmen.”

Seine Stärke lag eher im Humorvollen. Mit “Zweierbeziehung”, in der ein Bursche sich grämt, sein erstes Auto wegen eines Unfalls zum Kilopreis hergeben zu müssen, gelang ihm ein Erfolg. Als er in “Strada del Sole” das Elend eines Mannes besingt, dem ein Italiener seine Freundin im Urlaub ausgespannt und der nun “ohne Lire und ohne Papiere” die Heimreise anzutreten hat, schafft er es 1981 auf Platz 1 in Österreich. In Deutschland gelingt ihm 1988 der Durchbruch mit “Macho, Macho”.

Ab 1993 übernahm der Wiener von Rudi Carrell die deutsche TV-Show “Herzblatt”. Nach vier Jahren hörte er auf, um sich wieder mehr der Liedermacherei zu widmen. Dennoch blieb Zeit für den Dreh von Gauner- und Liebes-Komödien und die Samstagabend-TV-Show “Nix is fix”. In den Wiener Kammerspielen spielte er mit Sona MacDonald in dem Zwei-Personen-Stück “Nächstes Jahr – Gleiche Zeit”, im Musical “Chicago” im Theater an der Wien den Anwalt Billy Flynn. Mit dem Projekt “Austria 3” füllten die Austro-Popgrößen Fendrich, Wolfgang Ambros und Georg Danzer zudem über Jahre Konzertsäle.

19 Alben hat Fendrich bisher herausgebracht. Darunter sind auch viele nachdenkliche Lieder wie “Tränen trocknen schnell” zu finden. In “Glaub net alles” warnt er aktuell vor Populisten, in “Nie mehr Krieg” macht er sich Gedanken, wie dies gelingen könnte: “Ich trete mir ein Lied ein wie einen Glasscherben. Und das schmerzt in meiner Seele so lange, bis ich ihn rausziehe, dann ist es geschrieben. Ich suche keine Themen, die Themen suchen mich.”

So war es auch 1989. Fendrich saß mit der Familie in seinem damaligen Haus in Florida, während Österreich von der Waldheim-Affäre gebeutelt wurde. An Heimweh leidend schrieb er “I am from Austria”. Nicht als Hymne war der Song gedacht, sondern als kritischer Beitrag – “Ich kenn’ die Leut’, ich kenn’ die Ratten” – zur Heimat, an der man aber dennoch hänge. Längst habe sich der Song verselbstständigt und sei nicht mehr zu kontrollieren. Mit sich ist Fendrich im Reinen, bekannte er zuletzt. Im Kopf habe er auch als bald 70-Jähriger noch viele Ideen: “Ich schaue in eine ungewisse, aber doch in eine Zukunft.”