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Aufstieg durch Abstieg

Christi Himmelfahrt hat das Verhältnis zu Gott verändert. Es definiert die menschlichen Ambitionen des Aufstiegs neu

fotozick - Fotolia

Christi Himmelfahrt verbinden die meisten mit den feuchtfröhlichen Ausflügen am Vatertag. Dabei steckt viel mehr dahinter. Das Ereignis hat die Beziehung Gottes zu den Menschen grundlegend verändert.
Wer mit der „Bild“-Zeitung „im Aufzug nach oben fährt, der fährt auch mit ihr im Aufzug nach unten“, hat der Vorstandsvorsitzende des Medienunternehmens Axel Springer, Mathias Döpfner, mit Blick auf den Medienrummel um den Rücktritt von Bundespräsident Christian Wulff einmal gesagt. Diese Metapher beschreibt zum einen die Vergänglichkeit einer politischen Karriere, aber auch die Macht eines Me-diums, das darüber entscheidet, wer nach oben kommt und wer fällt.

Tod Jesu – der Abstieg schlechthin

Aus christlicher Sicht ist es nicht die „Bild“-Zeitung, die das Leben der Menschen derart beeinflusst, sondern Gott. Das Geheimnis des menschlichen Lebens, der Wendungen und Rückschläge, Brüche und Neuanfänge liegt in seiner Hand. Jesus Christus selbst erlebte vor seinem Tod den Abstieg schlechthin: Verurteilung, Demütigung, Kreuzigung. Doch was folgte, war seine Auferstehung und die Himmelfahrt.
40 Tage nach Christi Auferstehung zum Osterfest feiert die Christenheit die Himmelfahrt Christi. Dies wird im biblischen Sprachgebrauch durch die Rede von der Wolke und vom Himmel ausgedrückt. Was zunächst abstrakt klingt, wurde insbesondere im Mittelalter und in einigen Regionen Süddeutschlands und Österreichs bis heute ganz realistisch dargestellt. Während der Festgottesdienste wurde die Christusfigur ins Kirchendach hinaufgezogen und entzog sich langsam den Blicken der Gläubigen.
„In manchen Köpfen geistert noch immer die Vorstellung von der Himmelfahrt als physikalischem Vorgang herum“, sagt der katholische Bonner Dogmatiker Karl-Heinz Menke, nach dem Motto: „Jesus steigt einige Kilometer weit auf in die Lüfte, bis er hinter dem Wolkenvorhang verschwindet.“ Dabei sind schon die Jünger in der Apostelgeschichte eines Besseren belehrt worden. „Und als sie ihm nachsahen, wie er gen Himmel fuhr,  siehe, da standen bei ihnen zwei Männer in weißen Gewändern. Die sagten: Ihr Männer von Galiläa, was steht ihr da und seht zum Himmel?“ (Apostelgeschichte 1, 10.11a).
Jesus selbst hatte vor seiner Himmelfahrt angekündigt, dass die Jünger in wenigen Tagen die Kraft des Heiligen Geistes empfangen und zu seinen Zeugen würden bis an die Grenzen der Erde. Somit veränderte sich auch ihre Beziehung zu Gott. Jesus, der nach der Auferstehung seinen Jüngern erschienen war, versprach ihnen: „Und siehe, ich bin bei euch alle Tage bis an der Welt Ende“ (Matthäus 28, 20b). „Das ist kein dahergesagter Trost“, so der Dogmatiker Menke. „Durch die versprochene Sendung des Heiligen Geistes kann der zum Vater Erhöhte jedem Gläubigen inwendiger sein als dieser sich selbst“, erklärt der Theologe. Das seit dem 4. Jahrhundert bezeugte Fest Christi Himmelfahrt weist also bereits auf das zehn Tage später stattfindende Pfingstfest hin – dem Abschluss des Osterfestkreises, bei dem der Heilige Geist auf die Erde kommt.

Christlicher Widerspruch: Durch absteigen aufsteigen

Für die Gläubigen bedeutet dies, dass sie Christus nachfolgen sollen in seinem Wirken. Anselm Grün warnt dabei jedoch vor falsch verstandenem Ehrgeiz: „Wir möchten alle gerne aufsteigen – emporklettern auf der Karriereleiter, emporklettern auf der spirituellen Leiter, empor zu immer mehr Selbstvertrauen, zu größerer Bewusstseinserweiterung, zu wachsender spiritueller Erfahrung.“ Der christliche Widerspruch bestehe aber gerade darin, dass man durch das Hinabsteigen aufsteige. „Indem wir hinabsteigen in den eigenen Dreck, in den Schmutz unserer Schuld, in den Staub unserer Angst, in die Dunkelheit unserer Traurigkeit und Depression, steigen wir auf zum Himmel.“
Angesichts der heutigen Leistungsgesellschaft mag die Logik des Aufstiegs durch Abstieg für viele Menschen widersinnig klingen. Wer Karriere machen will – sei es zum Spitzenpolitiker, Profifußballer oder zum Medienunternehmer –, hält sich lieber an die Maßstäbe „schneller, höher, weiter“. Somit ist das Fest Christi Himmelfahrt aktueller denn je. Denn dadurch ist jeder Einzelne aufgerufen, eben nicht abzuhe-ben, sondern die eigenen Ambitionen im beruflichen wie im privaten, aber auch spirituellen Leben immer wieder zu erden und nicht auf Kosten anderer durchzusetzen. KNA