Seit dem vierten Jahrhundert feiern Christen 40 Tage nach Ostern das Fest „Christi Himmelfahrt“. Das Fest fällt stets auf einen Donnerstag, in diesem Jahr auf den 10. Mai, und ist in Deutschland ein gesetzlicher Feiertag. Der Tag wird in den Kirchen traditionell mit Gottesdiensten auf Plätzen, im Wald und auf Bergen begangen.
Himmelfahrt wird allerdings in der Theologie kaum noch wörtlich als wirkliche Reise „nach oben“ verstanden. Der Himmel ist kein geographischer Ort, sondern der Herrschaftsbereich Gottes. Wenn es im Glaubensbekenntnis heißt „aufgefahren in den Himmel“, bedeutet dies nach christlichem Verständnis, dass der auferstandene Christus „bei Gott ist“ und, mit einem Bild aus Psalm 110, „zur Rechten Gottes sitzt“. Hier ist er, wie Paulus im Römerbrief schreibt, eingesetzt „in Kraft“.
So schließt sich ein Kreis, den Martin Luther in seinem Adventslied „Nun komm, der Heiden Heiland“ beschreibt: „Sein Lauf kam vom Vater her und kehrt wieder zum Vater, fuhr hinunter zu der Höll und wieder zu Gottes Stuhl.“
Biblische Grundlage des Festes ist die Apostelgeschichte im Neuen Testament. Dort steht, dass der nach seiner Kreuzigung vom Tod auferstandene Jesus Christus vor den Augen seiner Jünger „aufgehoben“ wurde (Apostelgeschichte 1,9): „Eine Wolke nahm ihn auf und entzog ihn ihren Blicken.“ Dies ist auch ein bevorzugtes Motiv in der Kunst.
Was nicht so bekannt ist: Der Evangelist Lukas, der uns den Himmelfahrts-Bericht in der Apostelgeschichte überliefert, erzählt bereits zum Schluss seines Evangeliums von einer Himmelfahrt Christi (Lukas 24, 50-51). Dieses Ereignis findet noch am Tag der Auferstehung statt. Während Jesus seine Jünger segnete, „fuhr er auf gen Himmel“. Daraufhin beteten sie ihn an – eine Verehrung, die bis dahin nur Gott vorbehalten war.
Dass sich Jesus nach dem Bericht der Apostelgeschichte danach noch 40 Tage lang seinen Jüngern zeigte, sieht Lukas offenbar nicht als Widerspruch: Während im Evangelium die Himmelfahrt eng mit der Auferstehung verbunden ist, richtet das Ereignis in der Apostelgeschichte den Blick der Jünger auf das, was kommt: die Ausgießung des Heiligen Geistes und die dereinstige Wiederkunft Christi.
In den Erzählungen über die Tage nach Ostern betont Lukas: Jesus bleibt wahrer Mensch und wahrer Gott zugleich – trotz seiner Aufnahme in den göttlichen Machtbereich. Er spricht, isst und trinkt mit seinen Jüngern. Das wird mehrfach berichtet. Gut möglich, dass der Evangelist damit Tendenzen begegnen wollte, die Jesus immer mehr als rein göttliches Wesen betrachteten.
Für die Jüngerinnen und Jünger, die Jesu Himmelfahrt miterleben, bleibt eine Aufgabe: „Ihr werdet die Kraft des Heiligen Geistes empfangen und werdet meine Zeugen sein in Jerusalem und in ganz Judäa und Samarien und bis ans Ende der Welt“, sagt Jesus ihnen. Das ist, bei aller religiösen Überwältigung, eine der Welt, den Menschen zugewandte Aufgabe, an die die beiden plötzlich auftauchenden Männer in weißen Gewändern die Zurückgebliebenen erinnern müssen: „Was steht ihr da und seht gen Himmel?“.
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Aufgefahren in den Himmel
Christi Himmelfahrt wird gern als fröhliches Frühlingsfest im Grünen gefeiert. Dabei stecken die biblischen Berichte voll geballter theologischer Aussagen über Gottheit und Menschheit Jesu
