Leicht zurückgehende Asylbewerberzahlen in der EU, deutliche Rückgänge in Deutschland. Dennoch bleibt die Lage unübersichtlich, gerade im Nahen Osten. EU-Experten kritisieren zu lange Verfahren.
Die Zahl der Asylbewerber in Europa geht 2024 leicht zurück, wird aber erneut die Millionen-Grenze erreichen. Die Direktorin der EU-Asylbewerber (EUAA), Nina Gregori, sagte den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Donnerstag), in den ersten zehn Monaten des Jahres seien in der EU bereits rund 860.000 Anträge von Asylbewerbern registriert worden, das sei etwas weniger als im Vorjahreszeitraum. In Deutschland gehen die Zahlen dabei stark zurück.
Am Ende des Jahres dürfte die Zahl in der EU etwa bei einer Million Anträgen von Asylbewerbern liegen, sagte Gregori. Im Vorjahr waren die Asylantragszahlen deutlich auf etwa 1,1 Million gestiegen und hatten damit erstmals seit der Flüchtlingskrise 2015/2016 die Millionengrenze überschritten.
Das wichtigste Hauptzielland der Asylbewerber in der EU ist Deutschland. Nach Daten der Asylagentur waren im ersten Halbjahr 2024 etwa ein Viertel aller Asylanträge auf Deutschland entfallen, im Oktober waren es noch 22 Prozent – im Vergleich zum Vorjahr (27 Prozent) ist das ein Rückgang. Laut Angaben des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) sind in Deutschland in den ersten elf Monaten dieses Jahres 28,8 Prozent weniger Erstanträge auf Asyl registriert worden als im Vorjahreszeitraum, insgesamt waren es 216.861.
Hauptherkunftsland der Asylbewerber in der EU ist nach Gregoris Worten weiter Syrien, gefolgt von Afghanistan und der Türkei. Dahinter kämen Venezuela und Kolumbien, was bemerkenswert sei, weil die Asylbewerber aus diesen beiden Ländern ohne Visum in die EU einreisen könnten. “Inzwischen kommen insgesamt 20 Prozent der Asylbewerber aus Ländern, für die Visafreiheit in der EU besteht – das ist ziemlich viel”, sagte Gregori.
Eine Vorhersage für die weitere Entwicklung sei schwierig: “Die Situation im Nahen Osten bleibt schwierig. Millionen von Flüchtlingen aus Syrien halten sich noch in Nachbarländern auf”, meinte die Agentur-Chefin. “Wir wissen nicht, wie sich die Dinge im Libanon entwickeln könnten.” Man müsse vorbereitet sein.
Angesichts der relativ stabilen Entwicklung der Asylantrags-Zahlen in Europa sagte Gregori, das Wort von der Migrationskrise beschreibe die aktuelle Situation nicht wirklich. Es gebe einen kontinuierlichen Zustrom nach Europa – mit einer relativ hohen Anerkennungsquote unter den Schutzsuchenden von 49 Prozent. “Praktisch die Hälfte erhält einen Schutzstatus”. Das Problem sei eher die lange Dauer der Asylverfahren, die sich inklusive von Gerichtsverfahren oft drei oder vier Jahre hinziehen könnten. “Dadurch halten sich in den Mitgliedstaaten natürlich entsprechend viele Asylbewerber auf.” Die Asylchefin äußerte aber die Hoffnung, dass der neue EU-Asyl- und Migrationspakt die Asylverfahren deutlich verkürzen wird.