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Arte-Serie beleuchtet internationalen Kampf gegen die Mafia

Die Arte-Dokuserie “Mafiajäger” schildert ausführlich, wie grenzüberschreitende Zusammenarbeit gegen die Mafia gelingen kann. Das Storytelling funktioniert, am Ende häufen sich aber die Redundanzen.

Es war die bisher “größte Anti-Mafia-Aktion Europas”, heißt es gleich im Off-Kommentar. “Größter Einsatz, größte Verantwortung, größte Tragweite” sagt Oliver Huth vom Landeskriminalamt Nordrhein-Westfalen. Die “Operation Eureka”, die nach langer Vorbereitung 2022 zeitgleich von fast 3.000 Polizisten in Deutschland, in Italien, Belgien und bis nach Südamerika ausgeführt wurde, war in der Tat eine große Sache.

Dem Thema widmet sich die fünfteilige Dokuserie “Mafiajäger”, die am 28. Januar von 20.15 bis 23.05 Uhr bei Arte läuft. Produziert hat sie die renommierte Gebrüder Beetz Filmproduktion (“The Cleaners”), die sich auskennt mit Storytelling, das international funktioniert. Und das sieht man.

Bild- und Tonebene entfalten von Anfang an Dranbleiben-Qualität. Zahlreiche Luftaufnahmen, etwa von italienischen Küsten- und Berglandschaften, aus denen die ‘Ndrangheta-Mafia stammt, besitzen Eigenwert. Aufnahmen von Siegen in Nordrhein-Westfalen, wo die ausgehobene Organisation ein Eiscafe betrieb, und von einem “Angelparadies” im Bergischen Land, das ihr als Posten diente, ergänzen sie sinnvoll.

Huth, der zentrale Protagonist, ließ sich für viel Schnittmaterial filmen, damit seine zahlreichen, weitgehend aufschlussreichen Aussagen attraktiv bebildert werden können. Wenn er in Folge eins aus dem Fenster des Behördenhochhauses schaut, erkennt man in der anschließenden Kameradrohnen-Fahrt dessen Lage am Rhein in Düsseldorf.

Zu den weiteren Protagonisten zählt ein vermummter Italiener, von dem nur die Augenpartien zu sehen sind. Bald stellt sich heraus, dass der Ex-Mafioso nun als Kronzeuge aussagt. Seine Aussagen tragen unter anderem dazu bei, die bei allen Mafia-Themen mitschwingende Gefahr, einen Mythos zu verfestigen, zu entkräften. Wenn er berichtet, wie sein eigener Vater ihn ermorden sollte und auch wollte, lässt das wohl niemandem kalt.

Dass viele Szenen nachgestellt und nicht bei der echten Operation mitgefilmt wurden, leuchtet ein, auch wenn das Übermaß nachgestellter Szenen authentisches Bildmaterial, das auch vorliegt, etwas entwertet. Manchmal wird “Szene nachgestellt” klein unten eingeblendet, manchmal nicht. Dass es sich um Reenactments handelt, wenn die Kamera in einer Szene an einer Grenzstation mit Schärfenverlagerung wie in Italowestern arbeitet, kann man sich denken.

So erfährt man in den fast vier überwiegend kurzweiligen Stunden viel Interessantes: etwa, wie die Mafia Eiscafes für ihre Zwecke nutzt und ausstaffiert und wie gerne sie auf ausgesprochen unspektakuläre Provinzorte setzt. Und vor allem, wie spektakulär es war, dass europäische Polizisten aus unterschiedlichen Staaten mit unterschiedlichen Gesetzen – dass deutsche Gesetze es der Organisierten Kriminalität weiterhin leicht machen, ist öfters zu hören – jahrelang im Geheimen zusammenarbeiteten und so der längst international operierenden ‘Ndrangheta etwas entgegensetzen konnten (und hoffentlich weiter können). Bei komplexen Aspekten geht “Mafiajäger” allerdings nicht sehr in die Tiefe. Welche Rolle etwa das Knacken der durch die Software “Encrochat” verschlüsselten Handy-Kommunikation, spielte – um die allerhand Gerichtsprozesse kreisten -, erfährt man kaum.

Das ist schade, auch weil die Redundanz auf die Dauer zunimmt. Wenn etwa ein deutscher Ermittler referiert, dass der italienische Kronzeuge in seinen Alpträumen von seinen Mordtaten verfolgt werde, wirkt das arg länglich. Wenn Huth in der letzten Episode nochmals von “langen fünf Minuten” spricht, bis sich herausstellt, dass die zeitgleichen Zugriffe überall in Europa wie geplant gelungen sind, überrascht das nicht mehr. Dem Publikum ist der Ausgang ja längst bekannt, und wortreiches, durch nachgestelltes Kaffeetrinken illustriertes Erzählen von wachsender Anspannung hilft da nur begrenzt.

Wobei es immerhin eine Alternative gibt: Neben der fünfmal 45-minütigen Arte-Version, die auch in der Arte-Mediathek steht, ist für die ARD-Mediathek eine dreimal 30-minütige Fassung unter dem Titel “Jagd auf die Mafia – Die ‘Ndrangheta in Deutschland” angekündigt.