Der aktuelle Familienbericht befasst sich vor allem mit der Situation Alleinerziehender. Ein Fazit: Trotz Erwerbstätigkeit ist das Armutsrisiko für diese Gruppe nach wie vor sehr groß. Notwendig seien mehr Hilfen.
Nach einer aktuellen Untersuchung erziehen in Deutschland in jeder fünften Familie Eltern ihre Kinder alleine oder in einem Wechselmodell mit dem getrennt lebenden Partner. Das sind etwa 1,7 Millionen Alleinerziehende mit Kindern unter 18 Jahren, wie aus dem am Mittwoch veröffentlichten Zehnten Familienbericht der Bundesregierung hervorgeht. Damit stieg der Anteil im Vergleich zu den Vorjahren leicht. Nach wie vor sind es demnach vor allem Mütter, die ihre Kinder alleine erziehen – der Anteil der Väter steigt aber. Er liege bei 18 Prozent, hieß es. Der Bericht, der am Mittwoch vom Bundeskabinett beschlossen wurde, beruft sich auf Zahlen von 2023.
Demnach sind vor allem alleinerziehende Mütter besonders oft von Armut bedroht. Sie bezögen häufig ergänzende Sozialleistungen, obwohl sie überwiegend erwerbstätig seien. Mit einer Reduzierung ihrer Erwerbsarbeit gingen sie hohe finanzielle Risiken ein. Entsprechend sei das Armutsrisiko von Alleinerziehenden etwa drei Mal höher als das von Frauen in Paarbeziehungen.
Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) spricht sich deshalb für bessere Rahmenbedingungen für Alleinerziehende aus. Es sei in den vergangenen Jahren viel passiert, das reiche aber bei weitem nicht. Vielfach passten steuerliche und soziale Rahmenbedingungen nicht. Bei der Integration alleinerziehender Mütter in den Arbeitsmarkt sei auch die Wirtschaft gefordert.
Eine andere Familienform hat in der Regel bei Männern wie bei Frauen Auswirkungen auf die Erwerbsarbeit: Während Männer, die allein mit ihren Kindern lebten, eine geringere Wochenarbeitszeit aufwiesen als Männer in anderen Familienkonstellationen, sei es bei Frauen genau umgekehrt. Hier sind es demnach die verheirateten Frauen, die unterdurchschnittlich erwerbstätig sind. Im Schnitt arbeiteten im Jahr 2021 alleinlebende Frauen mit Kindern 22 Stunden pro Woche im Vergleich zu 20 Stunden bei verheirateten Frauen mit Kindern und 26 Stunden bei Frauen mit Kindern in nichtehelichen Lebensgemeinschaften.
Nach wie vor existieren laut Bericht Ost-West-Unterschiede: So ist die durchschnittliche Wochenarbeitszeit von Frauen mit Kindern in Ostdeutschland generell höher als in Westdeutschland. Zugleich bleibt jedoch die “Erwerbsintegration” von alleinlebenden Müttern in Ostdeutschland hinter der von Frauen in nichtehelichen Lebensgemeinschaften oder Ehen zurück.
Die Verletzlichkeit von Alleinerziehenden zeigt sich laut der Analyse auch in der Gesundheit und im allgemeinen Wohlbefinden: Alleinerziehende seien deutlich häufiger von gesundheitlichen und psychischen Beeinträchtigungen betroffen als Eltern in Paarhaushalten. Alleinerziehende Mütter litten häufiger unter Depressionen und Stress, berichteten von einem schlechteren allgemeinen Gesundheitszustand und zeigten ein schädlicheres Gesundheitsverhalten als Mütter in Paarfamilien. Diese gesundheitlichen Belastungen seien besonders ausgeprägt in Trennungsfamilien, in denen es Konflikte gebe. Dies wirke sich negativ auch auf das Wohlbefinden der Kinder aus.
Vergleiche nach Bildungsabschluss geben laut Bericht Hinweise darauf, dass der Anteil der allein lebenden Frauen mit Kindern an der Gruppe der formal gering qualifizierten Frauen deutlich höher ist als an den Frauen mit einer beruflichen Ausbildung oder einem Hochschulabschluss. Bei Stadt-Land-Unterschieden zeigt sich demnach ein höherer Anteil alleinlebender Frauen mit Kindern in Großstädten (ab 500.000 Einwohnern) als in kleineren Städten und Gemeinden.