Der Konflikt zwischen Israel und den UN-Blauhelmsoldaten im libanesisch-israelischen Grenzgebiet verschärft sich. EU und UN sprechen von Völkerrechtsverletzungen. Auch die Bundesregierung übt Kritik. Israel wehrt sich.
Die israelische Armee hat auf Vorwürfe der UN-Beobachtermission Unifil reagiert. Ein israelischer Panzer sei mehrere Meter in einen Unifil-Posten gefahren, um verletzte Soldaten zu evakuieren, erklärte das Militär am Sonntagabend. Zu keiner Zeit habe für die Blauhelmsoldaten eine Gefahr bestanden. Die Evakuierung sei zudem mit Unifil abgestimmt worden. Dagegen verurteilte die Bundesregierung einen Beschuss der UN-Beobachtermission.
Die UN-Mission hatte der Armee in einer Erklärung von Sonntag vorgeworfen, gewaltsam in eine Unifil-Position eingedrungen zu sein und mit zwei Panzern deren Haupttor zerstört zu haben. “Das Durchbrechen und Betreten einer UN-Stellung ist ein weiterer eklatanter Verstoß gegen das Völkerrecht und die Resolution 1701 (2006) des Sicherheitsrats”, so Unifil. Jeder vorsätzliche Angriff auf Friedenstruppen sei eine schwere Verletzung des humanitären Völkerrechts. Mehrere Unifil-Soldaten mussten demnach infolge israelischer Rauchbomben behandelt werden.
Auch die Europäische Union verurteilte das israelische Vorgehen. Verstöße gegen das Völkerrechts müssten sofort aufhören, so der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell in einer Stellungnahme von Sonntagabend. Ein Sprecher des deutschen Außenministeriums erklärte, ein Beschuss von UN-Friedenstruppen sei in keiner Weise hinnehmbar. Der Schutz der Peacekeeper habe “oberste Priorität”. Ein Sprecher der Bundesregierung dementierte zudem Medienberichte über einen Stopp von Waffenlieferungen an Israel. Diesen habe es “zu keinem Zeitpunkt gegeben”. Es sei zudem sichergestellt, dass es zu weiteren Waffenlieferungen komme.
Auch US-Verteidigungsminister Lloyd Austin pochte nach israelischen Medienberichten auf die “Sicherheit der Unifil-Truppen und der libanesischen Streitkräfte” und forderte eine diplomatische Lösung des Konflikts. UN-Generalsekretär Antonio Guterres mahnte zudem, dass ein Angriff auf UN-Friedenstruppen ein Bruch internationaler Gesetze sei und “ein Kriegsverbrechen darstellen könnte”.
Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu kritisierte die Weigerung der UN, die Blauhelmsoldaten aus dem Kampfgebiet im Südlibanon zu evakuieren. Dies habe die UN-Truppen zu “Geiseln der Hisbollah gemacht”, so Netanjahu in einer Erklärung von Sonntagnachmittag. Durch die Unifil-Präsenz hätten Hisbollah-Terroristen menschliche Schutzschilde, was auch das Leben israelischer Soldaten gefährde.
Im Rahmen der Beobachtermission United Nations Interim Force in Lebanon (Unifil) befinden sich derzeit rund 10.000 Blauhelmsoldaten im Libanon, darunter auch 112 Deutsche. Die UN hat die Blauhelme bislang nicht zur Evakuierung aufgerufen. Durch israelische Luftangriffe wurden nach Angaben von Unifil zuletzt mehrere Blauhelme verletzt.
Papst Franziskus mahnte, die Mission der UN-Soldaten zu achten und rief erneut die Kriegsparteien zum Frieden auf. “Ich fordere einen sofortigen Waffenstillstand an allen Fronten. Um den Frieden zu erreichen, müssen die Wege der Diplomatie und des Dialogs eingeschlagen werden”, sagte das Kirchenoberhaupt am Sonntag bei seinem Mittagsgebet auf dem Petersplatz.