Ein bislang unbescholtener Familienvater wird eines Mordes beschuldigt, den er im Vollrausch begangen haben soll. Ihm auf den Fersen ist eine skurrile Ermittlerin. Top besetzte, aber auch etwas holprige Krimikomödie.
Die Rückkehr des verlorenen Sohnes in die Heimat, das ist der Ausgangspunkt. Wie schon in ihrem frühen Drama “Der Andi ist wieder da” setzt Regisseurin Friederike Jehn erneut auf das Motiv des Provinz-Heimkehrers, den kulturellen Clash zwischen Großstadt und Land.
In der Krimikomödie “Mordnacht”, die das Erste am 1. Mai von 20.15 bis 21.45 Uhr ausstrahlt, ist es der Informatiker Gabriel Panski (Maximilian Brückner), der mit Frau und Kindern aus dem teuren Hamburg zurück in seinen Heimatort zieht: das gar nicht so heitere Heitersdorf an der Nordseeküste. Die Aufnahme durch die alten Gefährten ist frostig bis rustikal. Beim lokalen Initiationsritus, dem Ruderwettbewerb, bekommt Panski ein leckes Gefährt – und in der Kneipe den Platz am “Versagertisch”.
Seinen Frust spült der alte neue Heitersdorfer mit reichlich Schnaps herunter. Panskis anschließender Blackout ist ein Problem, da am nächsten Morgen ein toter Immobilienhai am Ortsschild hängt – und sämtliche Indizien in seine Richtung deuten. Von den Dorfbewohnern wird er für seine vermeintliche Tat als Held gefeiert, denn Immobilienentwickler Butz, der ein Luxus-Resort an der Stelle des Ruderclubs plante, war im Ort verhasst. Doch Panski, ein Typ, der normalerweise keiner Fliege etwas zuleide tut, kann sich an rein gar nichts erinnern…
Seinem Gedächtnis auf die Sprünge hilft die ebenso skurrile wie penetrante Polizistin Leonie Winter (Rosalie Thomass). Die Kommissarin mit der Vorliebe für Pastelltöne und sarkastisch-trockene Sprüche – “Was tut frau nicht alles für ihren Lieblingsverdächtigen?!” – lauert ihm fortan bei jeder Gelegenheit auf, um die nötigen Beweise einzusammeln. Welche Panski wiederum panisch zu vernichten sucht: das Video, das ihn beim Zerstören von Butz’ Wagen zeigt, die in der heimischen Werkstatt fehlende Rohrzange, mit der der Immobilienhai erschlagen wurde, dessen blutverschmierter Geldbeutel in seiner Jacke.
“Mordnacht” fokussiert sich vor allem auf das eher komödiantisch denn spannend angelegte Katz-und-Maus-Spiel zwischen dem Hauptverdächtigen und der Ermittlerin. Dass man dieser Krimikomödie trotz ihrer etwas holprigen Dramaturgie und der wenig überzeugenden Figurenzeichnung gerne zu folgen bereit ist, liegt vor allem an diesen Szenen und ihren tollen Darstellern. Die bayerischen “Gewächse” Rosalie Thomass und Maximilian Brückner, die hier ungewöhnlicherweise in den hohen Norden verpflanzt wurden, haben sichtlich Freude an ihrem (Zusammen-)Spiel.
Während sich Brückners Charakter von anfänglicher Naivität über die Entdeckung gewisser krimineller Energien hin zu einer Art Mit-Ermittler entwickelt, lotet Thomass so gekonnt wie genussvoll die schrägen Seiten ihrer unkonventionellen Protagonistin aus: Sie spielt das so gut, dass sie damit eine zunächst eher papierene Figur zum Leben erweckt.
Bei zahlreichen anderen Rollen funktioniert das weniger, etwa bei den eher eindimensionalen, dem Alkohol wie dem Rudern zugeneigten Dorfbewohnern. Und auch nicht bei Panskis Ehefrau Anna (Claudia Kottal), einer toughen Hamburger Anwältin, die bis zuletzt Behauptung bleibt: dass sich diese Frau von ihrem Ehemann zum Umzug in dessen Heimatkaff überredet haben lassen soll, glaubt man keine Sekunde.
Der Film scheint sich nicht recht entscheiden zu können, was er sein will: Für eine schwarze Komödie zu wenig satirisch, für eine wilde Groteske zu brav – und für einen freundlichen Schmunzelkrimi ist der Mordfall zu brutal. Zu einem runden Ganzen fügt sich das Drehbuch von Janosch Kosack (das immer wieder mit originellen Dialogzeilen aufzuwarten vermag) mit seinen diversen Tonlagen leider nicht.
Dennoch gelingt es der Regie, manch witzige und auch atmosphärisch starke Sequenz zu schaffen. So bleibt ein alles in allem disparater Eindruck von diesen Notizen aus der Provinz. Allerdings: Wer sich für Schauspielkunst begeistern kann, wird fraglos auf seine Kosten kommen.