Trotz eines hohen Krankenstands in Deutschland sieht die AOK einen verantwortungsvollen Umgang der Patienten mit telefonischen Krankschreibungen. Dass sich die Menschen leichtfertig krankschreiben ließen, „diese gefühlte Wahrheit können wir nicht bestätigen“, sagte die Vorstandsvorsitzende des AOK-Bundesverbandes, Carola Reimann, auf Anfrage des Evangelischen Pressedienstes (epd). Für den hohen Krankenstand in Deutschland gebe es viele Gründe. „Aber die telefonische Krankschreibung gehört nach allem, was wir wissen, nicht dazu.“
Am Wochenende hatte Mercedes-Chef Ola Källenius in der „Süddeutschen Zeitung“ einen hohen Krankenstand in Deutschland beklagt und die telefonische Krankmeldung infrage gestellt. Zugleich legte er nahe, dass manche ungerechtfertigt krank machten. Bereits im September hatte der damalige Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) das Aus der telefonischen Krankmeldung verlangt, die Ende 2023 nach der Erprobung in der Pandemie-Zeit verlängert worden war.
Reimann unterstrich, verschiedene Auswertungen des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO) zu den Fehlzeiten in der Pandemie ließen den Schluss zu, dass die Patienten mit der telefonischen Krankschreibung sehr verantwortungsvoll umgingen. Sie könne zudem in Infektionswellen die Arztpraxen entlasten und die Kontakte mit erkrankten Personen reduzieren.
Laut WIdO sind vor allem psychische Erkrankungen mit besonders langen Kranschreibungen sowie ein Anstieg der Atemwegserkrankungen die wesentlichen Treiber für hohe Krankenstände. In der Forschung gebe es Hinweise auf eine erhöhte virale Zirkulation und eine erhöhte Empfänglichkeit für Infektionen. Dies betrachte die Wissenschaft als „Nachwirkung“ der Covid-19-Pandemie.
Die Einführung der elektronischen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung Anfang 2023 hat sich Reimann zufolge außerdem mit hoher Wahrscheinlichkeit auf die Zahl der beruflichen Fehlzeiten ausgewirkt, da dadurch Krankschreibungen vollständiger erfasst würden als vorher. Früher hätten nicht alle Versicherten ihre Bescheinigung bei der Krankenkasse eingereicht. Dafür ergebe sich nun ein „vollständigeres Bild“ der Krankensituation in Deutschland.