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Antijüdische Haltungen nicht bestärken

UK 7/2016 „Die Bibel lesen“ (Seite 3) und 9/2016 Leserbrief (Seite 14: „Unerträglicher Anti-Judaismus“)
Ich freue mich darüber, dass UK in jeder Ausgabe Texe und auch Bilder enthält, die zur Lektüre der Bibel ermutigen. Die wöchentliche Kolumne zur fortlaufenden Bibellese gehört dazu. Dafür danke ich Ihnen nachdrücklich.
Sehr befremdet haben mich allerdings die Ausführungen in UK 7. Sie wissen: Vor etwas mehr als 50 Jahren haben engagierte Menschen jüdischen und christlichen Glaubens auf den Kirchentagen nach der Shoah einen intensiven Dialog begonnen. Damit hat ein neues Nachdenken auf beiden Seiten begonnen –  auch in unseren Gemeinden, in unseren Gottesdiensten, bei der Lektüre der Bibel auch in unseren Schulen.
Und mit großem Engagement haben wir in der Evangelischen Kirche von Westfalen unsere Kirchenordnung verändert:
„Die Evangelische KIrche von Westfalen (…) gibt sich ihre Ordnung im Gehorsam gegen das Evangelium von Jesus Christus, dem Herrn der Kirche. Sie tut dies im Vertrauen auf den dreieinigen Gott, der Himmel und Erde geschaffen hat, der Israel zu seinem Volk erwählt hat und ihm die Treue hält, der in dem Juden Jesus, dem gekreuzigten und auferstandenen Christus, Menschen zu sich ruft und durch den Heiligen Geist Kirche und Israel gemeinsam zu seinen Zeugen und zu Erben seiner Verheißung macht.“
Auch die Lippische Landeskirche bekennt sich in ihrer Verfassung zu „Gott, der (…) sein Volk Israel erwählt hat und ihm die Treue hält“.
Vor diesem Hintergrund ist es für mich nicht akzeptabel, wenn Ihr Autor in seinen Anmerkungen zur Passion Jesu nach Markus von der „Blindheit und Ignoranz des alten Gottesvolkes und seiner frommen Führer gegen diesen Weg Gottes“ schreibt und darauf hinweist, dass „vor allem im Volk Israel“ das „Geheimnis der Königsherrschaft Jesu“ verborgen bleibe. Zumindest sehr problematisch und missverständlich sind auch der Hinweis auf die „Heuchelei“ derer, die nach der Vollmacht Jesu fragen – gehörten doch Diskussionen über Glaubensfragen in der Welt Jesu zum Alltag –, und die These, dass sich „im Schicksal des ersten Gottesvolkes der Zustand der gesamten Menschheit“ herausstellte.
Ich würde mich freuen, wenn UK  in Zukunft in seinen Anmerkungen zu biblischen Texten auf Ausführungen, die – wenn auch unbeabsichtigt – antijüdische Voreinstellungen von Leserinnen und Lesern bestärken könnten, verzichtet.
Hartmut Drüge, Bielefeld