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Amputierten-Fußball – Mit einem Bein und ganzer Kraft

Endspiel um die Deutsche Meisterschaft im Amputierten Fußball, der HSV aus Hamburg gibt alles, unterliegt am Ende aber klar mit 3:1 gegen Mainz. Doch auch der zweite Platz ist ein Riesenerfolg für die Norddeutschen, denn die Mannschaft gibt es erst seit wenigen Jahren. Angefangen hat alles mit Trainer Friedrich Stender. Sein Sohn Hinrich verlor bei einem Unfall eine Hand.

„Er hat schon immer im Tor gespielt, von klein an. Und als wir dann nach dem Unfall im Krankenhaus waren, war eine der ersten Sachen, die er fragte: ‘Kann ich weiter als Torwart spielen?’“, sagt Vater Friedrich. Er lebt mit der Familie in Bad Schwartau. Die Vereine im Umfeld wollten Hinrich mittrainieren lassen, aber nicht bei regulären Spielen einsetzen.

Nicht hinnehmbar für Familie Stender. Der 42-jährige Friedrich machte sich auf die Suche und wurde schließlich beim Hamburger Sportverein fündig. Auf Initiative von Friedrich Stender wurde dort 2021 eine Sparte für den Amputierten-Fußball gegründet. Gespielt wird mit vier Feldspielern und einem Torwart. Der muss versuchen, mit einem Arm den Kasten sauber zu halten.

„Man gewöhnt sich schon dran mit der Zeit, es ist auch eigentlich dasselbe von den Bewegungsabläufen, nur hat man halt einen Arm weniger zum Mitziehen“, sagt Hinrich Stender. Der 19-Jährige studiert Lehramt. 2017 verlor er bei einem Unfall seine rechte Hand. „Wenn man sich hinwirft und positioniert, kann man schnell etwas aus dem Gleichgewicht kommen, weil man sich schlechter ausbalancieren kann. Aber vom reinen Torwartspiel ist es eigentlich dasselbe, nur minus einen Arm.“

Die Spieler des Teams kommen aus ganz Deutschland. Der Trainer wohnt in Schleswig-Holstein, der Mannschaftskapitän in Niedersachsen. Nicht nur zum Training, auch für die Spiele geht es durch das ganze Land. Bisher finanzieren die Kicker alles allein, ein Sponsor wird dringend gesucht. Die Spieler versuchen, das auszublenden, konzentrieren sich ganz auf das Training. Denn das Spiel ist sehr athletisch und fordert den Körpern der Sportler alles ab.

„Man kann das nicht mit dem normalen Fußball vergleichen. Es ist anstrengender so mit zwei Krücken und einem Bein. Da braucht man echt viel hartes Training. Die meisten Jungs machen auch zu Hause was. Man muss den ganzen Körper aufbauen“, erzählt Hamed Sagar. Der 31-Jährige ist Mannschaftskapitän. „Ich habe früher auch Fußball gespielt, mit Prothese als Torwart. Aber hier ist es schon etwas Anderes, du fühlst dich einfach frei. Prothese weg, auf die Krücken, zack spielen.“

Rund 15 Spieler gehören zur Mannschaft. Philipp Dern ist neu im Team. Er hat schon sein ganzes Leben Fußball gespielt, bis er bei einem Unfall seinen rechten Unterschenkel verlor. Jetzt feilt der 31-jährige Industriekaufmann aus Hamburg an der richtigen Technik. Beim Schusstraining fehlt noch der richtige Druck hinter dem Ball.
„Der Ablauf stimmt noch nicht so ganz. Ich war immer Rechtsfuß, aber durch meinen Unfall habe ich den rechten Fuß leider verloren, deshalb muss ich mich da neu koordinieren. Ist ein langer Weg dahin, aber das wird mir schon noch gelingen. Mit Friedrich machen wir da noch etwas feintuning.“

Für die Aufgabe als Trainer beim HSV hat Friedrich Stender sich fortgebildet und Lehrgänge besucht. Der Rundfunktechniker nutzt auch Videoanalysen, um die Mannschaft optimal vorzubereiten. Eine entscheidende Rolle spielt die Athletik. „Bei uns ist es eine Stärke, sehr schnell zu spielen. Und diese Schnelligkeit versuchen wir zu trainieren und zu optimieren. Dass auch die Abläufe in den Trainingsspielen immer passen und einstudiert sind, damit wir diese schnellen Situationen nutzen können.“

In der nächsten Saison werden sie weitermachen, hart trainieren und dann soll es endlich klappen, mit der Deutschen Meisterschaft für die Amputierten-Fußballer des HSV.