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Amerikanistik-Experte: Deutsche verfolgen US-Wahlkampf mit Interesse

Der Siegener Amerikanistik-Professor Daniel Stein führt das große Interesse in Deutschland am US-Wahlkampf auf den Einfluss der USA auf Europa und Deutschland zurück. Die USA hätten als globale Supermacht die Weltpolitik seit Ende des Zweiten Weltkriegs entscheidend geprägt und sei als transatlantischer Bündnis- und Wirtschaftspartner auch für Deutschland und Europa ein zentraler Akteur, sagte Stein am Donnerstag in Siegen. Das gelte auch dann, wenn diese Rolle inzwischen ins Wanken geraten sei.

Vieles, was das Leben in Deutschland präge, komme aus den USA, sagte der Professor für Nordamerikanische Literatur- und Kulturwissenschaft an der Universität Siegen. Als Beispiele nannte Stein Hollywood-Kino, Fernsehserien und Pop-Musik sowie soziale Medien bis hin zu technologischen Neuerungen aus Silicon Valley. Zudem sei der Präsidentschaftswahlkampf ein Medienspektakel, das sich in Verbindung mit der exponierten Rolle des US-Präsidenten sehr gut medial ausschlachten lasse, auch in Deutschland.

„Für die Menschen in den USA stehen sehr grundlegende Entscheidungen an“, unterstrich der Amerikanistik-Experte. Die Pläne aus dem Umkreis der ultrarechten Heritage Foundation mit dem Namen „Project 2025“ lägen auf dem Tisch. Und die Demokraten müssten nun ihrerseits für ihre Version eines besseren Amerikas werben.

Mit der neuen Kandidatin der Demokratischen Partei, Kamala Harris, sei in den USA „eine Art Aufbruchsstimmung entstanden“, erklärte Stein. Die jetzige Vize-Präsidentin könne den Wahlsieg schaffen, auch wenn ihre Beliebtheitswerte bislang nur geringfügig über denen von Joe Biden lägen. Aber als schwarze
Frau spreche sie wichtige Wählerschichten an und bilde einen Gegenpart zu dem republikanischen Gegenkandidaten Donald Trump: „Der ist jetzt der alte, weiße Mann – noch dazu radikal.“

Vor allem die Pläne der Republikaner, die Abtreibungsgesetze in den Bundesstaaten zu verschärfen und sogar ein landesweit geltendes Verbot zu beschließen, könne Harris zu einem zentralen Thema im Wahlkampf machen. Die Mehrheit der Wählerinnen und Wähler lehne diese Pläne ab. Zudem könne sie als ehemalige Staatsanwältin Trumps kriminelles Verhalten und seine Verurteilungen besonders effektiv kritisieren.