Für Kirchen und Arbeiterbewegung war es ein Erfolg: das Arbeiterschutzgesetz, das am 1. Juni 1891 verabschiedet wurde. Damit wurde in Deutschland Sonntagsarbeit zum ersten Mal gesetzlich verboten – ein Jahr später, vor 125 Jahren, trat es nach und nach in Kraft. Mit dem Gesetz wurde für bestimmte Bereiche, besonders den Handel, ein genereller Schutz eingeführt. Das Ende der Sonntagsarbeit war damit allerdings nicht erreicht.
„Es gab ein breites Netz an Ausnahmen. So waren die Landwirtschaft und Selbstständige von den Regelungen ausgeschlossen“, erklärt Clemens Wischermann, Professor für Wirtschafts- und Sozialgeschichte an der Universität Konstanz. Schon das gesamte 19. Jahrhundert über hatte es Bestrebungen gegeben, Sonntagsarbeit in einem Reichsgesetz zu verbieten. Versuche, das zu verhindern, gab es viele. „Otto von Bismarck war beispielsweise ein erklärter Gegner der Regelung“, sagt der Historiker.
Alte Regeln für den Gottesdienst
Zuvor gab es bereits viele Sonntagsvorschriften. „Aber das waren im Grunde Gottesdienstregelungen, die Sonntagsarbeit in der Regel nicht sehr streng verboten“, sagt Wischermann. An ein generelles Verbot der Sonntagsarbeit war in einer weitestgehend landwirtschaftlich geprägten Gesellschaft ohnehin nicht zu denken. „Das änderte sich durch die Industrialisierung.“
Schließlich kam die Debatte über eine Beschränkung der Arbeitszeit auf, darunter fiel auch die Sonntagsruhe. „In diesem Punkt trafen sich die Kirchen mit ihrem Interesse an der Sonntagsheiligung und die Arbeiterbewegung“, sagt Wischermann. Es folgten Reichstagsdebatten, 1891 konnte man sich einigen. Ein Kompromiss, an dem man etwa die nächsten 100 Jahre lang festhielt.
„Die Regelungen zum Sonntagsschutz hielten bis in die frühe Bundesrepublik relativ stabil“, erklärt der Historiker. „Vor etwa 25 Jahren gab es eine breite Diskussion und Vorstöße, die Sonntagsarbeit freizugeben. Etwa von Oskar Lafontaine.“ Danach sei die Debatte eigentlich wieder eingeschlafen – bis vor einigen Jahren.
Im Jahr 2015 arbeiteten laut Statistischem Bundesamt etwa 13 Prozent der Arbeitnehmer ständig oder regelmäßig sonntags, bei den Selbstständigen waren es sogar rund 25 Prozent. Die Sonntagsruhe ist zwar gesetzlich geschützt, laut Wischermann ist der Umgang allerdings freier geworden: „Es gibt immer mehr Situationen, in denen das Verbot der Sonntagsarbeit aufgelockert wird.“