So richtig kann Bernd Lohse es noch gar nicht glauben: Nach vielen Jahren als Pastor und fast 16 Jahren als Pilgerpastor wird nun Schluss sein: „In der Kirche butschern viele in ihrem eigenen Saft – aber was die Menschen brauchen, ist Begegnung“, formuliert der 65-Jährige ein Hauptanliegen seiner langjährigen Arbeit. Am 16. Februar wird er in einem Gottesdienst in den Ruhestand verabschiedet, zugleich wird sein Nachfolger Frank Karpa in sein neues Amt eingeführt.
1958 geboren und in Buxtehude aufgewachsen, arbeitete Lohse einige Jahre bei der „Bergedorfer Zeitung“, bevor er sich zu einem Theologie-Studium entschloss. Nach Stationen in Langenhorn und Poppenbüttel war er von 2005 bis 2007 Leiter des Fortbildungswerks Alt-Hamburg. Doch dann kam eine große berufliche Krise und er entschied, „ich geh da jetzt ‘raus aus der Mühle“.
Ungefähr zeitgleich war die Idee entstanden, an St. Jacobi in Hamburg Pilgerarbeit zu etablieren, 2008 wurde dafür eine 50-Prozent-Stelle eingerichtet. „Wir hatten mit nichts gerechnet, aber das Thema hat dermaßen gezogen, dass die Kirche voll war“, erinnert sich Lohse. Er organisierte eine Pilgermesse, zu Beginn noch mit fünf oder sechs Ständen. Heute ist die jährlich im Februar stattfindende Pilgermesse Anziehungspunkt für Hunderte Pilgerinteressierte aus ganz Deutschland und darüber hinaus.
„St. Jacobi hatte sein Thema gefunden“, sagt Lohse, „es hat seine Identität wiederentdeckt“. Im Laufe der Jahre baute der rührige Pastor einen Runden Tisch auf und vernetzte damit alle, die im Gebiet der Nordkirche am Thema Pilgern arbeiten. Er etablierte eine Fortbildung zur Pilgerbegleitung und bot selbst Pilgertouren an. Allein 18 Mal ist er mit einer Pilgergruppe den Olavsweg in Norwegen gelaufen.
Als Pilgerpastor brauche man vor allem „die Fähigkeit, über sich selbst zu reflektieren und ein gutes Maß an Spiritualität“, sagt Lohse, der über die Jahre erfahren hat, warum Menschen das Pilgern für sich entdecken: „Am Anfang steht die Sehnsucht“, sagt er, „auch die Suche nach sich selbst“. Viele Menschen hätten keinen Bezug mehr zur Kirche, aber Pilgern eröffne ihnen die Möglichkeit, ihre innere Spiritualität wiederzuentdecken, „ohne dass sie von Kirche dominiert werden. Ich nenne das Begleitungskirche“. Lohse: „Ich konnte den Menschen den Geschmack zeigen – wie ein guter Koch.“
Das Thema Pilgern sei eben nicht „mal ein Hype durch den Hype“ gewesen, sagt Lohse in Anspielung auf den Pilger-Boom, den der Schauspieler Hape Kerkeling 2006 mit seinem Buch „Ich bin dann mal weg“ ausgelöst hatte. Das habe auch die evangelische Nordkirche rasch erkannt und 2010 eine volle Stelle für die Pilgerarbeit geschaffen. So spüre er zum Ende seines aktiven Berufslebens „schon Wehmut, aber auch die Freude, dass es weiter geht“. Er wisse, die Arbeit liege bei seinem Nachfolger in guten Händen.
Für sich selbst habe Bernd Lohse noch keine konkreten Pläne. Es sei wie beim Pilgern, „ich werde neue Wege entdecken“. Aber eines wisse er genau: „Ich verliere nichts, ich bleibe Pilgerpastor – das ist Teil meiner Persönlichkeit.“