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Alles begann bei den Pfadfindern

Die Liebe zur Natur entdeckte Ulrich Dausien bei den evangelischen Pfadfindern. Auch für seine Werte wie Ökologie und humanitäre Arbeitsbedingungen wurde damals der Grundstein gelegt. Der Vorzeigeunternehmer gründete die Firma Jack Wolfskin

Ulrich Dausien ist das, was man einen Vorzeigeunternehmer nennt. Er hat Sine gegründet, das erste Outdoorfachgeschäft Deutschlands. Es folgten Jack Wolfskin und Mc Trek. Was kaum jemand weiß: Den Grundstein zum Erfolg haben die evangelischen Pfadfinder gelegt.
Den evangelischen Pfadfindern, Ortsgruppe Hanau,  hat er viel zu verdanken. In Hanau ist Ulrich Dausien im Jahre 1957 geboren, aufgewachsen in einer Buchhändlerfamilie, Vater Verleger, Mutter Buchhändlerin.  Mit Natur hatten die Eltern nicht viel am Hut, der kleine Ulrich entwickelte aber früh eine Beziehung zur Natur, eben über die Pfadfinder. „Ich habe sehr viel von ihnen gelernt“, sagt Dausien, „vor allem, mich in der Gruppe zu verhalten“. Das sei er nicht gewohnt gewesen.

Gemeinschaftsgefühl bei Pfadfindern gelernt

„Wir gingen mal gemeinsam wandern, ich war vielleicht elf Jahre alt. Jeder musste mal den schweren Hordentopf tragen. Als ich an der Reihe war, habe ich gesagt: ,Nein, den trage ich nicht, der ist mir zu schwer.‘“ Der Gruppenleiter habe gesagt, dann ginge es nicht weiter. „So standen wir in der Prärie und es ging nicht weiter. Jetzt musste ein Dritter kommen, der vermittelt“, schmunzelt Ulrich Dausien. Dieser Dritte habe ihn aufgefordert, den Topf zu nehmen, wenn er ihm dann zu schwer würde, nähme er ihm den ab.
„Es musste einfach ein Kompromiss gefunden werden“, sagt Dausien und macht keinen Hehl daraus, dass es für ihn eine Lehre fürs Leben war. „Diese Erfahrungen der Gemeinschaft, das war ein ganz, ganz großes Glück, dass ich das erleben durfte. Auch die Verbindung zu Gott – denn es ist ja immer noch eine christliche Pfadfinderschaft –, auch das empfinde ich im Nachhinein als ein großes Geschenk.“
Es sei eben nicht nur Action gewesen, sondern es habe auch viele Momente der Besinnlichkeit und der Kontemplation gegeben. Diese Kombination hält er für sehr wertvoll. „Draußen toben und zu sich selbst zu finden, unsere ganze Existenz, die Gedanken, die man sich als junger Mensch dazu macht, da war die Gruppe sehr hilfreich“, erklärt Ulrich Dausien. Aus der Pfadfinderzeit stammt die Erkenntnis, dass es sehr schlechte Ausrüstung geben kann, und sein Spitzname „Sine“.
So hieß sein erstes Geschäft, der erste Reiseausrüstungsladen in Westdeutschland, 1979 in Frankfurt eröffnet. Und das kam so: Nach dem Abitur begann Dausien 1976 ein Studium der Betriebswirtschaftslehre in Frankfurt. Bei einem Aushilfsjob auf einer Messe in Nürnberg lernte er einen Taiwanesen kennen, der Gestellrucksäcke feilbot. Die hatten einen geschweißten Rahmen. „Ein Mitpfadfinder hatte auch einen Gestellrucksack, aber mit geklebtem Rahmen, der war nicht so toll. Ich bin in die Stadt gefahren, habe die Preise verglichen und dann dem Taiwanesen einen Auftrag erteilt für 1648 Dollar. Das ist jetzt 39 Jahre her und wir sind immer noch befreundet“, beschreibt Dausien den Beginn einer großen Karriere. Bis 1987 eröffneten bundesweit zwölf weitere „Sine“-Filialen im Franchise-System.
Doch da ist Ulrich Dausien längst auf einem anderen Trip. Als er 23 Jahre alt ist, reist er mit ein paar Kumpels nach Alaska und Kanada. Sie sitzen zu viert am Lagerfeuer und verspeisen einen riesigen Lachs. „Der Geruch zog auch die Bären der Umgebung an. Einer holte sich den Lachs. Dabei hat er mich an der Stirn erwischt, eine Wunde bis auf den Knochen runter“, erzählt Ulrich Dausien. Sie müssen ins Krankenhaus, der Vorfall zwingt sie dazu, ein bisschen langsamer zu machen.
Sie haben viel Zeit und machen sich über alles mögliche Gedanken. Zum Beispiel darüber, wie sie eine Outdoormarke nennen könnten. „So wie das Fell die Tiere schützt, schützt die Kleidung den Menschen – danach sollte es klingen“, erklärt Dausien. Sie kommen auf bear claw, Bärentatze, dann auf bearskin, Bärenhaut. Besser noch klingt in ihren Ohren aber wolfskin. „Wir haben Spuren von Wölfen im Sand gesehen“, sagt Dausien. Als Logo kommt die Wolfstatze dazu. Jack von Jack London, dem Abenteurerschriftsteller, setzen sie dazu, fertig ist die Marke Jack Wolfskin.
1981 entwickelt Dausien die Doppeljacke. Die soll für zehn Jahre das erfolgreichste Produkt der Marke werden. Die Marke Jack Wolfskin wächst und wächst. Sie wächst ihm über den Kopf. „Mir fehlte die finanzielle Substanz“, räumt er ein. Die aber bringt ein amerikanischer Milliardär mit. Er habe nicht Partner werden wollen, sondern sagte: „Uli, ich kaufe den Laden. Bist du bereit, noch mindestens drei Jahre im Unternehmen zu bleiben?“ Ulrich Dausien ist bereit. Dann kommt der Tag, an dem er ausscheidet.
Mit Ende 30 ist Dausien Privatier und zieht sich auf eine Insel im Pazifik zurück. Vorerst. Aber auf Dauer? „Ich war oft dort, bin aber immer wieder nach Deutschland zurückgekommen. Der längste Aufenthalt am Stück waren 42 Tage“, weiß er noch genau. „Das Abhängen in der Hängematte ist in Ordnung, aber totlangweilig“, gibt der Macher zu. Dann kommt er ganz zurück, weil er wieder mal eine Idee hat.
Ein Freund von ihm führt ein kleines Geschäft mit Produkten zweiter Wahl, alten Kollektionen, Auslaufmodellen und Mustern von Jack Wolfskin. „Das Problem, diese Waren loszuwerden, haben alle Lieferanten der Outdoorbranche und ich kenne sie alle“, erklärt Dausien seine Idee. Und schon ist Mc Trek, der Outdoorschotte, geboren. Vom Schottenimage hat Dausien die Firma längst befreit. „Aus dem Restemarkt ist längst ein Fachmarktsortiment geworden“, sagt Dausien, „wir bieten die größte Zeltauswahl in Deutschland“.
Nachhaltigkeit ist ihm wichtig – schon allein aus Imagegründen. „In der Outdoorbranche haben wir es mit Natur zu tun, da stehen wir in der Verantwortung“, sagt Dausien. Er führe viele Gespräche mit Lieferanten und fragt etwa danach, warum sie noch Fluorchemie benutzen. Es handelt sich dabei um ein hochaggressives Element, das Schäden hervorrufen kann und in Goretex-Produkten verwendet wird.

Ökologisch und humanitär produzieren

Ulrich Dausien sieht hier Handlungsbedarf. Auch in seiner Firma mit Sitz in Bruchköbel gebe es heftige Diskussionen darüber. Es sei eben nicht egal, unter und zu welchen Bedingungen produziert werde – ökologisch und humanitär. Es gäbe internationale Kodizes. „Jack Wolfskin zum Beispiel hat alle seine Produzenten im Internet veröffentlicht, das ist schon ein unglaublicher Schritt“, findet Ulrich Dausien. Der Kunde könne den Weg des Produktes so nachvollziehen und habe die Möglichkeit zu reagieren.
Fünf bis sechs Mal in der Woche ist Ulrich Dausien im Büro, „nur sonntags nie“. Aber oft ist er auch unterwegs auf der Suche nach guten Produkten. Er liebt Brasilien, aber auch und ganz besonders Sri Lanka. Dahin fliegt er sogar mal in den Urlaub. Im Winter war er da mit Tochter und Enkelin, so richtig zum Familienurlaub. Das genießt er auch mal. „Die Orte, in denen ich mit meinen Kindern früher war, jetzt auch mit der Enkelin zu erleben, macht Spaß“, sagt er. Bestens ausgerüstet ist er ja.