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Albträume hat sie jetzt nicht mehr

Auch in Kenia leiden arme Kleinbauernfamilien und Viehzucht treibende Nomadenfamilien unter lang anhaltenden Dürren und kürzeren Regenzeiten. Im Dorf von Agnes Irima gibt es dank eines „Brot für die Welt“-Projekts jetzt ausreichend Trinkwasser

Jörg Böthling / Brot für die

Hochsommer im März, Schnee im Mai, Trockenheit im Juni, zu viel Regen im Juli und August – das Wetter spielt(e) dieses Jahr verrückt. Pflanzen und Landwirte haben mit den extremen Schwankungen bei Temperatur und Feuchtigkeit zu kämpfen. Große Ernteausfälle sind die Folge. Bauernpräsident Joachim Rukwied macht dafür den Klimawandel verantwortlich.
Zunehmende Extremwetterlagen sind nicht nur in Deutschland zu beobachten, sondern besonders auch in Weltregionen, in denen Hunger und Mangelernährung herrschen. Die Menschen dort sind auf den Regen angewiesen. Sie können sich keine Bewässerungsanlagen leisten. Sie trifft es besonders hart, wenn der Regen ausbleibt. Unter  Wassermangel leiden arme Familien sowie Kleinbauern und Viehhirten, die kein Wasser für ihre Rinder, Schafe, Ziegen finden.
Die jüngste schwere Dürre in Ostafrika führt besonders heftig vor Augen, wie sich der Klimawandel auswirkt. Durch die extreme Dürre sind mehr als 25 Millionen Menschen vom Hungertod bedroht, darunter viele Kinder. Besonders dramatisch ist die Situation in Kenia, Somalia, Äthiopien und im Südsudan.
Der Norden Kenias leidet seit einigen Jahren unter lang anhaltenden Trockenheiten und kürzeren Regenzeiten, deren Beginn immer weniger vorhersehbar ist. Wegen der verheerenden Dürre gibt es nicht genug Lebensmittel für die rund 2,6 Millionen Menschen dort. Die kenianische Regierung hatte erst im Februar den Notstand ausgerufen.
Die Nomadenfamilien im Norden und Osten des Landes leiden besonders stark unter den langen Dürren. Für sie und ihre Tiere wird es immer schwieriger, Wasserstellen und Weideplätze zu finden. Häufig verlieren sie einen großen Teil ihrer Herden. Viele Menschen müssen hungern.
Zudem brechen Konflikte aus. Denn auf der Suche nach Futter und Wasser für die darbenden Tiere ziehen Viehzüchter weiter nach Süden. Hier stoßen sie auf die Felder der Ackerbäuerinnen und -bauern. Wenn sich die Tiere dann von den Maispflanzen oder vom Gemüse anlocken lassen, kommt es zu gewaltsamen Auseinandersetzungen.
Was kann oder muss getan werden, damit die Folgen des Klimawandels nicht noch schlimmer werden? Zuallererst muss der Klimaschutz konsequent umgesetzt werden. Die 23. Weltklimakonferenz vom 6. bis zum 17. November in Bonn kann dafür ein wichtiger Meilenstein sein. Da die USA aus dem Pariser Klimaschutzabkommen aussteigen wollen, ist das Handeln der anderen Länder umso mehr gefragt, etwa Deutschlands. Die neue Bundesregierung ist aufgefordert, mit Klimaschutz ernst zu machen, einen sozial verträglichen Ausstieg aus der Kohle bis 2035 zu beschließen, die Verkehrswende einzuleiten, klima- und umweltschädliche Subventionen abzuschaffen.
Deutschland und die EU stehen auch in der Verantwortung, armen Kleinbauernfamilien sowie Viehzüchtern zu helfen, die direkt von den Folgen des Klimawandels betroffen sind. Damit sie etwa trockenheitsresistente Sorten züchten oder Wasserspeicher bauen können, braucht es finanzielle und technologische Unterstützung.
In Kenia und anderen Ländern hilft „Brot für die Welt“ Menschen dabei, dass sie sauberes Trinkwasser bekommen. Ein Beispiel dafür ist ein Projekt der Anglikanischen Kirche in der Diözese Mount Kenya East, ein Partner des Hilfswerks. Diese Region leidet sehr unter Trockenheit. Bisher war es für die Frauen mühsam und unsicher, ausreichend Wasser für ihre Familien zu besorgen.
„Früher hatte ich immer Angst, zu wenig Wasser für meine Familie zu haben“, sagt Agnes Irima und erzählt weiter, dass sie fünf Stunden brauchte, um Wasser zu holen. Um drei Uhr morgens habe sich sie mit anderen Frauen auf den Weg gemacht. Die Wege zur Wasserstelle waren sehr weit und gefährlich – sie fürchteten sich vor Überfällen. Schwer war auch der Kanister, den sie zurück tragen mussten. Der lange Weg sei häufig umsonst gewesen, da die Wasserstelle bereits ausgetrocknet war. Agnes erinnert sich: „Ich hatte nachts Albträume, kein Wasser zu finden.“
In ihrem Dorf gibt es jetzt eine Wasserstelle mit einem Tank für Regenwasser. Dazu mauerte eine lokale Baufirma eine Rinne um einen großen Felsen oberhalb des Dorfes. Die Rinne leitet nun das Regenwasser, das auf die Oberfläche des Felsens prasselt, in einen Behälter aus Beton. Dort können sich zunächst Sand und Steine absetzen. Von dem Betonbehälter fließt das Wasser in einen 75 Kubikmeter großen Tank. Dieser speist die Wasserstelle am Fuße des Berges, an der die Dorfbewohnerinnen jeden Morgen ihr Wasser holen.
Nur wenige Tage Regen genügen, um den großen Tank zu füllen. Dies sichert nun die Wasserversorgung des Dorfes und der Familien. So haben Frauen mehr Zeit, um Getreide und Gemüse anzubauen. Weitere Tanks sollen gebaut werden – so für die Schule. Denn zurzeit müssen die Schülerinnen und Schüler mit nur zwei Bechern Wasser pro Tag auskommen.

Internet: www.brot-fuer-die-welt.de/wasser.

Katja Breyer ist Diplom-Forstingenieurin. Im Amt für MÖWe verantwortet sie die Fachstelle „Eine Welt und Entwicklungspolitik“. Zudem ist sie Beauftragte für „Brot für die Welt“ in der Evangelischen Kirche von Westfalen.