Schmerzpatienten in Deutschland könnten nach Darstellung der Deutschen Schmerzgesellschaft massiv unter der geplanten Krankenhausreform leiden. Die spezielle Schmerzmedizin sei nach den Plänen der Bundesregierung nicht als eigene Leistungsgruppe für die Krankenhäuser vorgesehen, sagte der Präsident der Fachgesellschaft, Frank Petzke. “Damit droht eine massive Unterversorgung von Millionen Menschen mit chronischen Schmerzen.”
Rund 23 Millionen Menschen in Deutschland leiden nach Angaben der Gesellschaft an chronischen Schmerzen. Etwa 4 Millionen von ihnen sind besonders schwer betroffen: Sie können kaum am Arbeitsleben teilnehmen, ziehen sich aus dem sozialen Umfeld zurück und verlieren an Lebensqualität. Für viele bedeute das nicht nur körperliche Dauerbelastung, sondern auch Verzweiflung und Hoffnungslosigkeit, erläuterte die Präsidentin der Unabhängigen Vereinigung aktiver Schmerzpatienten in Deutschland, Heike Norda. “Die Suizidalität unter Schmerzpatientinnen und -patienten ist bereits heute höher als in der Normalbevölkerung. Wenn Abteilungen und Kliniken wegbrechen, ist das eine Katastrophe.”
Krankenhausreform: Schmerzmedizin wird “Luxusgut”
Durch die derzeit geplante Krankenhausreform drohe die Schmerzmedizin zum Luxusgut zu werden, sagte der Experte der Schmerzgesellschaft, Reinhard Thoma. Schon heute schlössen spezialisierte Einrichtungen, die eine interdisziplinäre Schmerztherapie anböten; neue Planungen lägen auf Eis. “Ohne gesetzliche Absicherung könnten bis zu 40 Prozent der bisherigen Behandlungsfälle wegfallen.” Die ohnehin bereits unzureichend verfügbare spezialisierte Versorgung für chronisch schmerz-erkrankte Patientinnen und Patienten sei bundesweit akut gefährdet.
Ziele der Krankenhausreform sind unter anderem eine bessere Qualität der medizinischen Versorgung und eine Spezialisierung der Häuser. Künftig sollen die Krankenhäuser nur noch dann bestimmte Leistungen anbieten und abrechnen dürfen, wenn sie vom jeweiligen Bundesland eine entsprechende Leistungsgruppe zugewiesen bekommen. Das setzt voraus, dass sie bestimmte Mindestanforderungen erfüllen, also etwa über entsprechend ausgebildetes und ausreichendes Fachpersonal, die erforderlichen medizinischen Geräte und eine Mindestzahl an Behandlungen in dem Fachgebiet verfügen.
Die Schmerzgesellschaft erläuterte, nach der Systematik der Krankenhausreform würden die spezialisierten schmerztherapeutischen Stationen und Kliniken fachfremden Leistungsgruppen zugeordnet, etwa der Allgemeinen Inneren Medizin oder Allgemeinen Chirurgie. Weil sie aber die fachfremden Anforderungen dieser Leistungsgruppen nicht erfüllen könnten, könnten die Therapien nicht mehr abgerechnet werden und “rutschen im neuen System durch”. Aktuell wird eine interdisziplinäre Therapie für chronisch Schmerzerkrankte in bundesweit rund 370 Kliniken stationär durchgeführt, wie die Fachgesellschaft mitteilte.
Ampel-Regierung hat Krankenhausreform verabschiedet
Die Krankenhausreform war Ende 2024 zur Zeit der Ampel-Regierung verabschiedet worden. Die neue Bundesgesundheitsministerin Nina Warken (CDU) will das Gesetz jedoch nachbessern. Das von ihr vorgelegte Reformanpassungsgesetz sollte am Mittwoch vom Bundeskabinett verabschiedet werden, wurde jedoch überraschend von der Tagesordnung genommen.
