Die Geschichte der Christianisierung in Deutschland muss nach Erkenntnissen von Wissenschaftlern neu geschrieben werden: Die Stadt Frankfurt am Main hat am Mittwoch den Fund eines Silberamuletts mit einer christlichen Glaubensinschrift aus der Mitte des 3. Jahrhunderts präsentiert. Die darin enthaltene Silberfolie präsentiere den ältesten authentischen christlichen Text nördlich der Alpen, sagte der Frankfurter Archäologe Markus Scholz. Die ältesten dort bisher gefundenen christlichen Glaubenszeugnisse seien mindestens 50 Jahre jünger. Die auf der Silberfolie eingravierte biblische Anrufung „heilig, heilig, heilig“ sei bisher sogar erst auf 200 Jahre jüngeren Amuletten bezeugt gewesen.
„Die Frankfurter Silberinschrift ist ein Sensationsfund“, sagte Oberbürgermeister Mike Josef (SPD). Durch den Fund in einem zwischen 230 und 270 nach Christus datierten Grab müsse man die Geschichte des Christentums in Frankfurt und weit darüber hinaus um 50 bis 100 Jahre zurückdrehen. „Der älteste Christ nördlich der Alpen war ein Frankfurter“, kommentierte der Frankfurter Planungsdezernent Marcus Gwechenberger (SPD).
Das 3,5 Zentimeter lange Silberröhrchen war 2018 in einem Grab in der römischen Vorgängerstadt von Frankfurt, Nida, im heutigen Frankfurt-Praunheim gefunden worden. Es lag unter dem Kinn eines Skeletts, der Mann hatte es wohl wie ein Schutzamulett an einem Band um den Hals getragen. Die lateinische Inschrift auf der gefalteten und geknickten Silberfolie konnte erst nach einer computertomografischen Untersuchung im Leibniz-Zentrum für Archäologie in Mainz in diesem Jahr auf dem dort erstellten 3-D-Modell entziffert werden. Die Inschrift verehrt Jesus Christus als Gottes Sohn und zitiert einen Hymnus im biblischen Philipperbrief 2,10-11.