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Advent – bewusstes Warten

Leben im Advent heißt warten können. Das fällt Menschen zunehmend schwer

77SG - Fotolia

Der Advent ist eine geschäftige Zeit. Und selbst die, die dem ganzen Treiben nicht viel abgewinnen können, werden mit hineingezogen. Gut, wenn man sich Rituale erhält oder auch neu einübt: Etwa die Nachmittage der Adventssonntage im Familien- und Freundeskreis zu verbringen – mit Adventskranz, Gebäck, Liedersingen, Geschichten erzählen und vorlesen und einem guten Film. Gemütlich!

Viele kennen diese Traditionen nicht mehr. Die Vorweihnachtszeit wird dann schnell von Hektik und Unruhe bestimmt, oft in dem  Tempo, das der Kommerz vorgibt. Viel Zeit verbringen die Menschen mit Geschenkeeinkäufen und im Gedränge der Weihnachtsmärkte. Verkaufsoffene Sonntage füllen dann noch die letzten Ruheräume mit Geschäftigkeit aus.
Manche sehnen sich nach einem anderen Advent. Wer sich bewusst auf die Zeit des Wartens einlässt, lebt zielorientiert. So ist unser alltägliches Warten: An der Haltestelle von Bus und Bahn, in der Arztpraxis oder bei Behörden. Es ist kein Warten um des Wartens willen, sondern hat ein konkretes Ziel.
Das gilt auch, wenn man sich auf die Ankunft eines Menschen vorbereitet. Vieles ist da zu bedenken. Ganz besonders eindrücklich wird das bei der anstehenden Geburt eines Kindes. Innere und äußere Vorbereitungen auf die Lebensveränderung sind nötig. Die Eltern durchleben eine neunmonatige – manchmal sorgenerfüllte – Wartezeit bis zur Ankunft des Kindes.
Das ganze Leben ist durch den Wechsel von Warten – Ankommen, neuem Warten und neuem Ankommen bestimmt. Dieser spannende und hoffnungsvolle Rhythmus ist auch am Ende des alten Kirchenjahres und dem Anfang eines neuen erfahrbar.
Advent ist Ankunft und Wartezeit zugleich. Im sonntäglichen Glaubensbekenntnis bekennen Christen den wiederkommenden Christus. Doch wie groß ist das Vertrauen darauf? Sind wir gar des langen Wartens müde geworden und haben das Ziel nicht mehr klar vor Augen?
Die Verheißung der Wiederkunft Christi bleibt. In der vierwöchigen Vorbereitungszeit auf die Menschwerdung Gottes helfen die biblischen Lesungen und Predigttexte der Adventssonntage. Sie tragen verschiedene theologische Aspekte in sich: „Einzug Jesu in Jerusalem“, „Endzeit“, „Bußpredigt Johannes des Täufers“ und „Freude“. Wer diese biblischen Themen in sein persönliches Warten hineinnimmt, dem kann sich ein tieferes Verständnis eröffnen: Gottes Geschenk der Liebe zu seinen Menschen wird im Advent erkennbar und erfahrbar.
Der Komiker Karl Valentin soll einmal über das Warten gesagt haben: „Erst warte ich ganz langsam, und dann wart ich immer schneller“. So kann zielgerichtetes Warten gehen: nicht zäh und ermüdend, sondern ruhig, wach und gespannt. Und am Ende immer erfüllter und neugieriger auf das, was kommt.
Auch Christen mögen unsicher sein, im Blick auf das, was auf diese Welt noch zukommt. Gewiss sein aber können sie darin, wer kommt: Jesus, der Heiland aller Welt.