Der Bundestag will am Donnerstag über die Errichtung eines Mahnmals für die in der NS-Zeit verfolgten Zeugen Jehovas abstimmen. Der Gedenkort könnte nach einem gemeinsamen Antrag der Ampelfraktionen von SPD, FDP und Grünen sowie der Unions-Bundestagsfraktion von CDU/CSU an historischer Stelle im Berliner Tiergarten errichtet werden und über die Verfolgung dieser Opfergruppe informieren.
Das Mahnmal soll aus einer Gedenkskulptur und Informationstafeln bestehen. Am Goldfischteich im Berliner Tiergarten kamen Angehörige der Zeugen Jehovas zu geheimen Treffen zusammen. Hier fand im August 1936 eine Verhaftungsaktion durch die Gestapo statt. In Abstimmung mit dem Land Berlin solle die Planung und Umsetzung des Mahnmals durch die Bundesstiftung Denkmal für die ermordeten Juden Europas erfolgen, hieß es. Der Kulturausschuss des Bundestages hatte den Antrag der Fraktionen bereits Ende Mai befürwortet.
Direkter Verfolgung ausgesetzt
Nach derzeitigem Forschungsstand waren mindestens 10.700 deutsche Zeugen Jehovas und 2.700 aus den von Deutschland besetzten Ländern Europas direkt der Verfolgung ausgesetzt. So enteigneten die Nazis Angehörige der Gemeinschaft, zerstörten ihre wirtschaftliche Existenz, entzogen ihnen die Kinder oder folterten und ermordeten sie. 1.250 Verfolgte waren demnach minderjährig, 600 Kinder wurden ihren Eltern weggenommen. Etwa 2.800 Zeugen Jehovas aus Deutschland und 1.400 weitere aus Europa wurden in Konzentrationslager verschleppt. Mindestens 1.700 Zeugen Jehovas verloren unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft ihr Leben.
Weltweit über acht Millionen Mitglieder
Die Zeugen Jehovas sind eine hierarchisch organisierte Religionsgemeinschaft. Die Mitglieder wollen Zeugnis vom biblischen Gott geben, den sie Jehova nennen. Die Gemeinschaft versteht sich als christlich. Ihre Anfänge liegen im 19. Jahrhundert in den USA. Weltweit hat sie nach eigenen Angaben über acht Millionen Mitglieder, in Deutschland rund 170.000.