Die Pränataldiagnostik ist zuletzt wissenschaftlich weit fortgeschritten. So kann ein Bluttest auf Trisomien testen. Aus Sicht einer Gruppe von Politikern soll die Kassenzulassung dieses Tests auf den Prüfstand kommen.
Die Liste trägt die Namen von 121 Abgeordneten von Union, SPD, Grünen, FDP und der Gruppe Die Linke. In dem interfraktionellen Antrag, zu dem am Mittwoch im Gesundheitsausschuss eine Anhörung stattfand, geht es um den Bluttest bei Schwangeren auf Trisomien des Ungeborenen.
Der sogenannte nichtinvasive Pränataltest, kurz NIPT, ist seit 2022 Kassenleistung. Doch eine Gruppe von Abgeordneten ist ob der Entwicklung der vergangenen zwei Jahre besorgt. Daher wollen sie einerseits ein Monitoring einführen, um umfassender zu erheben, welche Folgen die Kassenzulassung hat. Und es soll ein interdisziplinäres Gremium eingesetzt werden, das die rechtlichen, ethischen und gesundheitspolitischen Grundlagen der Kassenzulassung prüft.
Es reicht ein Blutstropfen: Der Pränataltest testet bei Schwangeren das Risiko auf Trisomie 13, 18 und 21 beim Fötus. Letztere ist bekannt als Down-Syndrom. Ziel ist es, durch den ungefährlichen Test nur noch bei Auffälligkeiten eine riskantere Fruchtwasseruntersuchung durchführen zu müssen. Der Test wurde bereits seit 2012 angeboten – allerdings gegen Bezahlung. Im Juli 2022 entschied der zuständige Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) von Kassen und Ärzten, dass der Bluttest zur Kassenleistung wurde. Allerdings darf er nur “in begründeten Einzelfällen bei Schwangerschaften mit besonderen Risiken” von den Kassen übernommen werden. Voraussetzung soll eine intensive ärztliche Beratung sein.
Der Antrag der großen Parlamentariergruppe fasst nun mehrere Bedenken zusammen. Insbesondere wird unter Berufung auf den Verband der niedergelassenen Pränataldiagnostiker beklagt, dass die Versicherteninformationen nicht klar genug machten, wann der Test sinnvoll sei. Das führe dazu, dass viele Schwangere davon ausgingen, er sei nötig. Damit werde der Test quasi eine “Regelleistung”.
Weiter wird im Antrag eine Auswertung des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) zitiert, nach der etwa 30 Prozent der Befragten die Versicherteninformation als Empfehlung zur Durchführung des Bluttests empfänden. Auch verließen sich Schwangere nach dem Test darauf, dass ihr Kind gesund sei und verzichten teils auf das Ersttrimesterscreening – eine Selbstzahlerleistung – obwohl hierbei noch andere Auffälligkeiten entdeckt werden könnten. Als Folge, so heißt es in dem Antrag weiter, gebe es eine Zunahme später Schwangerschaftsabbrüche. Diese seien für die Schwangere und Partner sehr belastend.
Der Gemeinsame Bundesausschuss begrüßt, dass sich der Bundestag erneut mit dem Monitoring befasst und eine Expertenkommission einrichten will. Denn, so schreibt der Unparteiische Vorsitzende Josef Hecken, der Ausschuss habe bereits vor der Kassenzulassung darum gebeten, dass der Gesetzgeber sich zu “der fundamentale ethische Grundfragen unserer Gesellschaft berührenden Problematik verhalte, ob und in welchem Umfang künftige molekulargenetische Testverfahren in der Schwangerschaft zur Anwendung gelangen können”.
Zugleich hält Hecken fest, dass der Bluttest kein “Einstieg in ein Massen-Screening” auf Behinderungen sei. Der Test stehe weiter nur in begründeten Einzelfällen als Kassenleistung zur Verfügung. Zumal der Bluttests auch schon vor der Zulassung als Kassenleistung von jährlich etwa 100.000 Schwangeren als Selbstzahlerleistung in Anspruch genommen worden sei. Jährlich kommen in Deutschland etwa 700.000 Kinder zur Welt.
Darüber hinaus habe es vor der Zulassung des Tests als Kassenleistung jedes Jahr etwa 30.000 bis 40.000 Fruchtwasseruntersuchungen gegeben. Nicht erwähnt wird in Heckens Stellungnahme das steigende Alter der Erstgebärenden in Deutschland und das damit steigende Risiko einer Trisomie, so dass Frauenärzte einen Test empfehlen.
Auch der Berufsverband der Frauenärzte weist die These eines massenhaften Screenings zurück. Die Schwangeren würden fortlaufend und umfassend aufgeklärt. Auch zeigten Daten von 2000 bis 2022, dass es keinen kausalen Zusammenhang zwischen späten Schwangerschaftsabbrüchen und der Einführung des Tests als Kassenleistung geben könne. Ein weiteres Gremium zur Datenerfassung halten die Frauenärzte daher für schlicht überflüssig. Die Deutsche Gesellschaft für Humangenetik unterstützt dagegen ein Monitoring.