Das Berliner Missionswerk feiert am 29. Februar 2024 sein 200-jähriges Bestehen. Seit einigen Jahren schon stellt sich das Ökumenische Zentrum der EKBO der Herausforderung, seine Missionsgeschichte aufzuarbeiten. Die eigene Verstrickung in die deutsche Missions- und Kolonialgeschichte wird ab September 2024 in einer neu konzipierten Ausstellung zu erfahren sein. „Die historische Mission sorgt für Irritation“, sagt Meike Waechter. Seit vier Jahren ist sie Pfarrerin im Gemeindedienst für das Missionswerk. Der heutige Missionsbegriff sei von gegenseitigem Respekt und Partnerschaft geprägt. „Wir senden keine Missionare mehr aus, um Menschen zu bekehren. Die Bezeichnung, Ökumenisches Zentrum‘ entspricht unserer heutigen Arbeit mehr.“
Zu dessen Aufgaben gehören neben den Beziehungen zu den Partnerkirchen weltweit die Förderung des interreligiösen Dialogs in den Berliner Gemeinden sowie Fragen von Migration und Integration. Im Rahmen eines Ökumenischen Freiwilligenprogramms entsendet das Missionswerk zudem junge Menschen etwa nach Südafrika, Tansania, ins Westjordanland und nach Ostjerusalem und es empfängt seit einigen Jahren auch Freiwillige aus den Partnerkirchen, zum Beispiel aus Schweden, England und Taiwan.
Besucher an Ausstellung beteiligt
In einem Raum im Missionswerk im Evangelischen Zentrum in Berlin-Friedrichshain beschäftigt sich die aktuelle Ausstellung seit 2014 mit den Anfängen der Berliner Mission. „Hier entsteht etwas Neues“, lesen Besucherinnen und Besucher seit Frühjahr 2023 auf einem hellroten Banner, das im Eingangsbereich hängt. Sie können ihre Fragen und Kommentare auf bunte Post-its schreiben und an die Vitrinen kleben. Davon wird rege Gebrauch gemacht, etwa bei problematischen Bildern und Ausdrucksweisen: Dass Siegfried Knak (1875–1955) Theologe, Missionswissenschaftler und Hochschullehrer in „sehr bewegten Zeiten“ Missionswerkdirektor gewesen sei, nämlich von 1921 bis 1949, wird so kommentiert: „Was für eine verharmlosende Bezeichnung!“ Andere Besuchende wünschen sich eine englische Übersetzung der Texte, einen Audioguide oder mehr Interaktion.

„Vieles ist hier ausgestellt, von dem wir nicht genau wissen, woher es stammt“, sagt Meike Waechter. „Von den Besucherinnen und Besuchern erfahren wir jetzt auch, wo sie Lücken sehen.“ Ein Beirat internationaler Expertinnen und Experten hat die Neukonzeption der Ausstellung beratend begleitet, darunter die Studienleiterin Dorcas Parsalaw von der „Mission Eine Welt“ der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern, Natalie Bayer vom Friedrichshain-Kreuzberg-Museum (FHXB) und Lize Kriel, Professorin an der südafrikanischen University of Pretoria.
Aufarbeitung wird aus externen Mitteln finanziert
Für die Umsetzung des neuen Formats hat das Berliner Missionswerk 25000 Euro aus dem Programm der Berliner Senatsverwaltung für die Förderung zeitgeschichtlicher und erinnerungskultureller Projekte erhalten, die Stiftung Deutsche Klassenlotterie gibt 71500 Euro dazu. Zwei neue Stellen für eine Historikerin und einen Koordinator werden gerade besetzt. „Die neue Ausstellung wird die Perspektiven der Partnerkirchen berücksichtigen und die Fragen zum Thema Mission und Kolonialismus aufgreifen“, sagt Meike Waechter. In einigen Berliner Kirchengemeinden oder bei der Vorbereitung der Freiwilligen, die in die Partnerkirchen entsendet werden, sei der Umgang mit dem postkolonialen Erbe bereits seit mehreren Jahren Thema. „Und wir werden diesen Diskurs weiter verstärken“, sagt Waechter.
Tag der offenen Tür schon im November
Am Mittwoch, 29. November, von 14–18 Uhr findet ein Tag der offenen Tür im Berliner Missionswerk, Georgenkirchstraße 70, Berlin-Friedrichshain, statt.