Die Waffen sollen schweigen: Papst Leo XIV. positioniert sich klar in der Welt – und der Kirchenpolitik. In der KI erkennt er laut dem Theologen Paul Zulehner eine neue Herausforderung für die Menschheit.
Leo XIV. wird eine politischer Friedenspapst sein, sagt der Wiener Theologe Paul Zulehner. Die Positionierung des neuen Papstes erscheine klar und kantig, schreibt der emeritierte Religionssoziologe in einem Gastkommentar der “Salzburger Nachrichten” (Freitag): Auf seiner Agenda stünden der Klimanotstand, Migration und nicht zuletzt die Auseinandersetzung mit Künstlicher Intelligenz (KI).
Wie Papst Franziskus habe sich auch Leo als “Radikaler” vorgestellt, so Zulehner. Die von seinem Vorgänger eingeschlagene Spur der Synodalisierung der Kirche werde er weitergehen; das stimme viele Kirchenmitglieder für die nächsten Jahre innerkirchlich zuversichtlich.
In kriegerischen Auseinandersetzungen habe Leo XIV. “unverzüglich Partei ergriffen”: für die von der Hamas entführten Opfer ebenso wie für die hungernden Kinder im Gazastreifen, beschrieb Zulehner das friedenspolitische Engagement des Papstes. Klarer als Franziskus habe er sich im Ukraine-Konflikt auf die Seite der Opfer gestellt und die umgehende Rückführung Zehntausender nach Russland entführter ukrainischer Kinder verlangt. “Die Waffen müssten schweigen: die kriegerischen Lügenworte wie die todbringenden Raketen”, so legte Zulehner die Botschaft Leos XIV. aus. Das Ziel für Verhandlungen in der Ukraine müsse ein gerechter Friede sein – denn nur ein solcher sei dauerhaft.
Abwartend zeigten sich manche Kirchenmitglieder im Hinblick auf den Umgang des Papstes mit der Frauenfrage und der Gendertheorie: “Was er bisher über Frauen, Gendertheorie oder die Vielfalt sexueller Orientierungen äußerte, macht sie skeptisch”, so Zulehner. Frauen, die bislang mit ihm zusammengearbeitet hätten, teilten diese Skepsis jedoch nicht.
Entscheidend werde auch sein, welche Rechte die kontinentalen Kirchenversammlungen erhalten werden, schreibt der Soziologe. Er kenne jene aus Lateinamerika; “den Vorschlag, den Eucharistiemangel in den vielen von bewährten Frauen und Männern geleiteten Gemeinden in Amazonien durch deren Weihe zu beheben, kennt er”, so Zulehner ohne weitere Prognose.
Klarer benennt der Theologe einen anderen Schwerpunkt für die Amtszeit Leos XIV.: die Beschäftigung mit KI. In dieser sehe er “eine zweite Industrialisierung”. Mit den Folgen der Erfindung der Dampfmaschine und des Kapitalismus habe sich sein Namensvorgänger Leo XIII. 1891 mit der Enzyklika “Rerum Novarum” hervorgetan. Leo XIV. widme sich nun “unermüdlich” den sozialen und menschlichen Folgen der Informatisierung und der KI. Es “wäre keine Überraschung”, schriebe nun bald Leo XIV. seine erste Sozialenzyklika zu dem Thema, stellt Zulehner in Aussicht.