Für die zentrale Gedenkstätte der NS-Widerstandsgruppe „Weiße Rose“ in Ulm sind die entscheidenden Weichen gestellt: Alle Fraktionen des Ulmer Gemeinderats haben in einem gemeinsamen Antrag ihre Unterstützung für einen „Lernort Weiße Rose“ signalisiert und drängen auf eine möglichst zügige Umsetzung der Planungen. Dafür läuft ein Wettbewerb an, wie Martin Rivoir, Vorsitzender des Fördervereins „Lernort Weiße Rose“, dem Evangelischen Pressedienst (epd) sagte. Der Deutsche Bundestag hat bereits 1,5 Millionen Euro als Zuschuss für den Bau des Gedenkortes zur Verfügung gestellt.
Die neue Gedenkstätte wird am Rande der Ulmer Innenstadt neben der Martin-Luther-Kirche entstehen, in der im Januar 1943 Freunde von Sophie Scholl 2.000 Exemplare des fünften Flugblattes in der versteckt gelegenen Orgelkammer versandfertig gemacht hatten. Die beschrifteten und frankierten Umschläge verteilten Hans Hirzel, der als Hilfsorganist an der Lutherkirche einen Schlüssel zu der kleinen Kammer innerhalb der Orgel hatte, und seine Schwester Susanne bei gefährlichen nächtlichen Unternehmungen in Stuttgarter Briefkästen.
Die neue Gedenkstätte soll nach den Vorstellungen des Fördervereinsvorsitzenden Rivoir ein architektonisch ansprechendes Gebäude werden und damit auch ein Anziehungspunkt für Touristen, ähnlich wie der „Berblinger Turm“ in Erinnerung an den legendären „Schneider von Ulm“. Der „Lernort“ solle die historischen Zeugnisse in attraktiver Weise präsentieren, wie etwa den kleinen weißen Tisch, auf dem die jungen Widerstandskämpfer ihre geheimen Schreibarbeiten erledigten, aber auch grundlegende Informationen über den Widerstand in der NS-Zeit und seine aktuellen Bezüge geben, beschreibt Rivoir das Ziel des Wettbewerbs.
Deshalb soll die neue Gedenkstätte auch die Konsequenzen eines „wertebasierten Widerstands“ für die heutige Zeit herausarbeiten, wie Hildegard Kronawitter als Vorsitzende der Stiftung „Weiße Rose“ (München) auf epd-Anfrage sagte. Außerdem könne die Ulmer Gedenkstätte die von den Nazis angewandte „Sippenhaft“ verdeutlichen: Die gesamte Familie der Geschwister Scholl wurde mehrere Monate im Ulmer Untersuchungsgefängnis inhaftiert, Vater Robert sogar eineinhalb Jahre. (3307/05.11.2024)