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Zeit zum Trauern für Mütter und ihre Kinder

Den Alltag hinter sich lassen können trauernde Frauen im Evangelischen Kurzentrum „Gode Tied“ in Büsum. Auch ihre Kinder finden dort Unterstützung – ein Erfolgsmodell.

NicoLeHe / Pixelio

Büsum. Auch wenn mit dem Frühling die Zeit des Wachstums und des Lebens beginnt, müssen sich Menschen, gleichgültig welchen Alters, immer wieder mit Tod und Vergänglichkeit auseinandersetzen – auch und erst recht unmittelbar in den eigenen Familien. Frauen haben im Evangelischen Kurzentrum „Gode Tied“ in Büsum Gelegenheit, in einer dreiwöchigen Kur Kraft zu tanken, „heil“ zu werden und das Leben zuversichtlich wieder anzupacken. „Es werden Mütter mit ihren Kindern aufgenommen“, sagt Geschäftsführerin Katrin Schmidt. 
Teil des facettenreichen Programms des Zentrums ist seit etwa acht Jahren die Trauerbegleitung. Mit großem Einfühlungsvermögen unterstützt die Pädagogin, Trauerbegleiterin und Leiterin des „Kinder- und Jugendlandes“ vom Kurzentrum, Ute Nehls-Eschner, trauernde Frauen  und seit einiger Zeit auch Kinder. 

Kleine Rituale sind bedeutsam

„Vor rund fünf Jahren keimte der Gedanke auf, dass zu uns kommende Trauernde ihre Söhne und Töchter mitbringen, die selbst auch trauern“, führt sie aus. Seitdem haben Kinder dort die Möglichkeit, ihren Gefühlen Zeit und Raum zu geben, zu ergründen und zu besprechen, was sie bewegt, belastet und bedrückt. 
Oftmals sei es der Wunsch der Mütter, dass ihre Kinder ebenfalls Trauerbegleitung bekommen. „Die Kinder werden extra dazu eingeladen und können selbst entscheiden, ob sie diese für sich in Anspruch nehmen möchten“, so Ute Nehls-Eschner. Doch habe sie gute Erfahrungen gemacht mit diesem Angebot. Nach ihrer Aussage sind es 98 Prozent der betroffenen Kinder, die die Möglichkeit der Trauerbegleitung wahrnehmen, ganz nach Wunsch entweder in Einzel- oder Gruppensitzungen: „Alles ist freiwillig, alles ist variabel und alles kann ausgesprochen werden. Es gibt kein ‚richtig‘ oder ‚falsch‘.“ 
Bedeutsam sind kleine Rituale, wie das Anzünden einer Kerze vor der Sitzung und das Löschen des Flämmchens nach dem Ende des Gesprächs, das behutsame Begleiten des Kindes aus dem absolut geschützten Raum heraus zurück zur Mutter und damit in den normalen Alltag – vor allem aber das kreative Arbeiten mit den Kindern: „Wir gestalten Erinnerungskerzen für die Verstorbenen, stellen Erinnerungs-Schatzkisten her, spielen bestimmte, auf kindliche Trauer abgestimmte Spiele, bauen Papierboote, schreiben Briefe an die Verstorbenen oder malen. Wir schauen gemeinsam, welche Ressourcen in den Kindern über die Trauer hinaus schlummern.“ 

Schöne Momente konservieren

Dies trägt dazu bei, die schönen Momente zu konservieren, aber auch die schwierigen noch einmal Revue passieren zu lassen – kurz: Es sind Stichworte „zum Nie-Vergessen“. Zwar läuft die Trauer stets nach sehr individuellen Prozessen ab; doch die Kinder nehmen die Kreativität gern wahr, sind normalerweise erleichtert und setzen sich mit ihrer Trauer auseinander. Sie beschäftigen sich aktiv mit dem verstorbenen Angehörigen. 
Gemeinsam mit Ute Nehls-Eschner finden sie Antworten auf Fragen wie: „Wo und wie ist die Trauer zu spüren?“ „Wer oder was könnte in besonders schweren Momenten entlastend, lindernd oder unterstützend wirken?“ So kann, komprimiert auf die dreiwöchige Zeit der Kur, ein nützliches Konzept der „Hilfe zur Selbsthilfe“ erarbeitet werden. 
Oftmals verschieben sich Verantwortlichkeiten in der lebenspraktischen Situation: Wenn ein enges Mitglied der Familie stirbt, verändert sich in einem einzigen Moment das gesamte Gefüge des Familienlebens. Innere und äußere Verhältnisse sind nicht mehr die gewohnten – diese neue Lage kommt zur eigentlichen Trauer noch hinzu. 

Mut zu Tränen

„Kinder behalten manches still für sich, weil sie die Mutter nicht belasten möchten. Hier aber können sie alles sagen und ich mache Mut zu Tränen, zum Lachen und auch zum gemeinsamen Trauern von Mutter und Kind“, so Nehls-Eschner. Die Betroffenen fühlten sich traurig, verletzt oder ohnmächtig, spürten aber dennoch für sie drängenden Fragen hinterher: Häufig würden sie genaue Details über den Tod des Angehörigen wissen wollen oder hätten Angst, dass auch der verbliebenen Mutter Ähnliches passieren könnte. „Sie möchten Sicherheit über ihr eigenes zukünftiges Leben haben.“ 
Ute Nehls-Eschner ermutigt ihre kleinen Patienten, dass beispielsweise die Schatzkiste auch daheim in eigener Initiative fortgeführt und gehütet wird: Dadurch bekommt die Trauer erleichternden, wohltuenden Raum und kann ein Quell von Kraft und Energie sein. 
Info
Weitere Informationen für interessierte Frauen und Mütter zu den Ange­boten des Evange­lischen Kurzentrums „Gode Tied“ in Büsum, ­Königsberger Straße 12 – 16, gibt es auf www.godetied.com oder per ­E-Mail an info@­godetied.nordkirche.de.